Elegie der Vergeblichkeit
Wer je einen Marthaler-Abend zu ordnen, zu verstehen, zu erspüren versuchte, weiß es: Es gibt die aktive Marthaler-Familie, die oben auf der Bühne, von Christophs Geist beseelt, in unendlicher Geduld, von good vibrations beflügelt, nach der einen und richtigen Lösung sucht. Und es gibt die passiven Familienmitglieder, die im Parkett jedem Schritt die Nähe zur Bedeutsamkeit ansehen. Zu denen würden wir gern zählen.
Tun wir aber nicht.
Und so sitzen wir im Basler Theater und rätseln uns ein Loch in den Bauch, kommen letztlich aber auch wieder zu der Erkenntnis, es beim stillen Genießen zu belassen. Mal ertappen wir uns auch beim Gähnen, meistens aber nicht – zu kurios, zu hintersinnig ist all das, was diese Nachtwandler des Theaters uns vorspielen. Sie tun's diesmal in einem Doppeltreppenhaus der immerwährenden Moderne (Bühne: Duri Bischoff), einem Stiegengebilde, das ohne jede Funktion, also völlig sinnlos ist und ins Nirgendwo führt, es sei denn, die Akteure können die Milchglastüren dazu bewegen, sich im rechten Moment tatsächlich zu öffnen – aber gegen die Wand zu laufen ist ja auch eine Möglichkeit.
Treppauf, treppab geht’s also in Basel, geschäftig und schleichend, automatisch ...
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Opernwelt Januar 2012
Rubrik: Magazin, Seite 64
von Heinz W. Koch
Er kann es. Auf der Bühne ist Mariusz Kwiecien ganz bei sich. Als ob das Spiel, die Entäußerung coram publico eine Kraft sei, die den Körper inspiriert, die Stimme elektrisiert und unter Spannung hält. Ihr den letzten Kick gibt, den siebten Sinn für die innere Wahrheit einer Rolle oder Figur. Egal ob Kwiecien (immer wieder) das Geheimnis von Mozarts dissoluto...
Irgendwie sei die Story dann doch ein bisschen dünn, hat jemand handschriftlich im Gästebuch vermerkt, das im Foyer des Osnabrücker Theaters ausliegt. Aber die Aufführung, na ja, die reiße das Ganze schon raus. Das trifft den Kern des Problems – und zielt ebenso haarscharf an ihm vorbei. Operette und tiefschürfend? Man spielte «ein Werk der leichtgeschürzten Muse»,...
Da rückt einer nach. Da mischt einer den Zirkel seiner komponierenden Amtsbrüder auf, bekommen die – älteren – Herren Rihm und Pintscher, Haas oder Furrer Blutzufuhr. Anno Schreier heißt der wahrlich noch junge Mann. Der Aachener des Jahrgangs 1979, der, etwas blass, fast ein wenig unbeholfen wirkend, sich im Entgegennehmen des – allenthalben starken – Beifalls...