Ein Häufchen Elend

Dmitri Tcherniakov verhebt sich bei der Saisoneröffnung am Teatro San Carlo in Neapel an «Rusalka», Dan Ettinger sucht nach dem Romantischen in Dvořáks Partitur

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Italienerinnen und Italiener haben ein gespaltenes Verhältnis zum Wasser. Zwar verbringen sie ihre Ferien am liebsten am Strand – doch schwimmen gehen sie kaum. Die Allermeisten wagen sich höchstens bis zur Hüfte ins Meer. Dort telefonieren sie dann ausgiebig, manchmal plaudern sie auch mit real anwesenden Mitmenschen. Junge Leute werfen sich, im Kreis stehend, Bälle zu: Basta così. Schwimmen wird im bel paese nicht als Freizeitvergnügen angesehen, sondern als echter Sport. So wie auch das Fahrradfahren.

Darum wundert sich das einheimische Publikum im Teatro San Carlo wenig, wenn Dvořáks Oper von der Nymphe Rusalka aus der Natur in die künstliche Welt eines Hallenbads verlegt wird. Hier, wo die Luft nach Chlor riecht und die Wände vollverkachelt sind, schindet sich die Heldin als Spitzenathletin. Mit den Chordamen bildet sie ein Team aus Synchronschwimmerinnen, während Vodnik, im Libretto ein Wassermann, bei Regisseur Dmitri Tcherniakov als ihr Trainer fungiert. Doch Rusalka will dieser Welt des Leistungsdrucks entfliehen – dorthin, wo der Boden trocken ist und der Prosecco auch. Ihre fixe Idee ist es, den sogenannten Prinzen kennenzulernen, einen vollbärtigen Beau aus der High ...

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Opernwelt Januar 2025
Rubrik: Im Focus, Seite 10
von Frederik Hanssen

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