Editorial Januar 2022
Der Satz ist, wiewohl etwas altfränkisch in seiner Semantik, Legende und als «kategorischer Imperativ» in die Philosophie- und Kulturgeschichte eingegangen als ein zeitlos gültiges Postulat, das gewiss auch die Zustimmung des Ethik-Experten Freiherr von Knigge gefunden hat: «Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.» So steht es schwarz auf weiß in Immanuel Kants «Grundlegung zur Metaphysik der Sitten» von anno 1785.
Es ist nicht bekannt, ob Peter Konwitschny diese Sentenz (wenn nicht gar das gesamte Traktat) gelesen hat. Aber auch er weiß, dass sie Gültigkeit besitzt als Faustregel für den zwischenmenschlichen Umgang – in der Öffentlichkeit wie im Theater. Und womöglich hat dieser begnadete Regisseur, dem wir zahllose magische Abende verdanken, Kunde erhalten von dem, was der Deutsche Bühnenverein auf seiner Jahreshauptversammlung 2021 vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftlichen Debatten verabschiedet hat: einen, wie es im Amtsdeutsch so schön heißt, «wertebasierten Verhaltenskodex», welcher dem drei Jahre zuvor beschlossenen Leitfaden (dessen Fokus auf den Themen «sexuelle Übergriffe» und ...
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Opernwelt Januar 2022
Rubrik: Editorial, Seite 1
von Jürgen Otten
Auch fünfzig Jahre nach Patrice Chéreaus grunderschütterndem Bayreuther «Ring» vermag Wagners Tetralogie noch zu verstören, zumal, wenn sie so illusionslos nüchtern in einer Ästhetik des Hässlichen daherkommt, wie jetzt in Stephan Kimmigs «Rheingold»-Neuinszenierung. Kimmig entzaubert die Szene, rückt den Figuren gleichsam mit dem psychischen Nacktscanner zu Leibe...
Stimmlich, figürlich und darstellerisch (man verstand jedes Wort) einfach die Erfüllung einer seit 25 Jahren an die Deutschen gestellten Forderung» – so schwärmte Richard Strauss brieflich über Maria Rajdl, nachdem er sie 1930 in Dresden als Salome erlebt hatte. Schließlich hatte er selbst einiges getan, um der Sopranistin den Auftritt in der 1905 gleichenorts...
Nun hat die Deutsche Oper am Rhein ihren «Ring» auch auf CD vollendet. Die überregional vielbeachtete, 2017 in Düsseldorf begonnene Inszenierung Dietrich Hilsdorfs kam unter Leitung von GMD Axel Kober in Düsseldorf mit den dortigen Symphonikern, in Duisburg mit den ortsansässigen Philharmonikern sowie in teilweise unterschiedlichen Besetzungen heraus. Dort sollte...