Diskurs mit der Community
Wenn der Musikjournalismus stirbt, dann stirbt die Opernkritik zuletzt. Wenn auch seltener und kürzer, hält sie sich noch im Feuilleton und im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Eine Stichprobe in der Schweizer Mediendatenbank zeigt, dass die Berichterstattung sogar zunimmt. Dass die Opernkritik dabei sturmfester ist als die Berichterstattung über andere Gattungen, hat viele Gründe: Unter anderem hat die Oper ein primär bürgerliches Publikum, das noch immer traditionelle Medien nutzt.
Als die am höchsten subventionierte und gut besuchte Kunstform weckt sie in den Redaktionen zudem ein kulturpolitisches Verantwortungsbewusstsein, ihr genau auf die Finger zu schauen. Schließlich kommt der Oper – zumal an Repertoire-Häusern – die Logik des Spielbetriebs entgegen: Weil die Produktionen meist länger im Jahresprogramm stehen als Orchester- oder Jazzkonzerte, ist die Kritik nicht nur Resonanzraum für das Gewesene, sondern auch Orientierungshilfe für das potenzielle Publikum – eine Servicefunktion, die in den Kulturredaktionen immer mehr zählt.
Aber kann sich die Opernkritik darauf verlassen, dass ihr diese gattungsbedingten Vorteile das Überleben sichern? Ich denke, sie darf vor allem den ...
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Opernwelt Jahrbuch 2020
Rubrik: Wozu Musikkritik?, Seite 111
von Theresa Beyer
Der 250. Geburtstag Ludwig van Beethovens hat eine Debatte um seine einzige Oper neu entfacht, die spätestens seit dem 1986 erschienenen «Fidelio»-Buch von Willy Hess und der 1997 unter John Eliot Gardiner unter dem originalen Titel «Leonore» eingespielten Urfassung nicht nur Experten beschäftigt. Wie sind die vom Komponisten vorgenommenen Bearbeitungen des ersten...
Eine reiche Opernliteratur wünschten sich die offiziellen Taktgeber der DDR-Kulturpolitik nach 1949. Nur musste diese sich sowohl ästhetisch als auch politisch den marxistisch-materialistischen Vorgaben des Landes anpassen, sprich: dem Idealtypus eines sozialistisch-realistischen Musiktheaters entsprechen. Aus diesem latenten Widerspruch generierten die Komponisten...
Meine frühesten Opernerfahrungen datieren in die 1960er-Jahre zurück. Sie bestanden aus stundenlangem Anstehen um Karten, aus dem Erlebnis einer Vorstellung, bei der für die 14-, 16- oder auch 20-Jährige alles aufregend neu war – das Werk, die Aufführung, die Sänger, das ganze Drumherum –, und aus dem Blick in die Zeitung zwei Tage später, um zu erfahren, was der...