Die Quadratur des Kreises
Wer bin ich? «Ich bin die Vielen» – in dieses philosophische Paradoxon soll der Maler Egon Schiele seine künstlerische Persönlichkeit gekleidet haben. Ähnliches hatte ein Anonymus als Graffito an die Berliner Mauer gesprayt: «Wer bin ich, und wenn ja, wie viele?» Wir lasen dieses Zitat kürzlich in der «Neuen Zürcher Zeitung» – im Zusammenhang mit einem Bericht über die Cindy-Sherman-Show im New Yorker MoMA.
Denn Sherman inszeniert sich selbst stets als eine Andere, stellte sich als vielfältige und unzählige Frauentypen unterschiedlicher Herkunft und in allen Altersstufen dar, ein Spiel mit der Identität.
Auch bei Marlis Petersens neuem Recital mit Goethe-Liedern mag man an ein solches Spiel denken, wenngleich auf andere Weise. Aber auch hier fließen die Person der Sänge-rin und die Personen der auf der Hörbühne vorgeführten Frauenfiguren Goethes – Stella, Klärchen, Gretchen, Mignon & Philine, Suleika, Helena – ineinander. Für jede findet die Sopranistin eigene Farben, wechselt die akustischen Kostüme, versteckt sich freilich nicht dahinter, sondern lässt stets ihre große Persönlichkeit durchscheinen. Man mag in dem Zusammenhang auch an ihre Bühnenerfahrung als Lulu denken. Lulu ...
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Opernwelt Mai 2012
Rubrik: Medien/CD und DVD, Seite 22
von Gerhard Persché
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Sie hat sich mit Schubert auseinandergesetzt («Impromptus») und Opern choreografiert («Dido & Aeneas» von Purcell, «Medea» und «Passion» von Pascal Dusapin, zuletzt «Matsukaze» von Toshio Hosokawa). Auch die Idee szenischer Konzerte hat sie auf der Bühne schon einmal durchgespielt («Jagden und Formen – Zustand 2008» von Wolfgang Rihm). Doch so weit wie in ihrer...