Die Kartoffeln des Kaisers

Das Album «Sainte-Hélène» zeichnet ein feines musikalisches Porträt von Napoléon Bonaparte

Opernwelt - Logo

Wie nur wenige Herrscher vor oder nach ihm hat Napoléon Bonaparte Musikgeschichte geschrieben. Musikpolitik war für ihn Machtpolitik, und also versuchte er seinen Ruhm vor allem von der Opernbühne herab zu untermauern, indem er den Franzosen in Gestalt der von ihm favorisierten Komponisten Paisiello, Paër und Spontini den italienischen Geschmack oktroyierte – mit Erfolg, wie die Entstehung der Grand Opéra beweist.

Man kann den Spieß aber auch umdrehen, so wie Arnaud Marzorati und sein Vokalquartett Les Lunaisiens mit ihrer glänzenden Idee, die Laufbahn des Korsen – vom kleinen Korporal bis zum Kaiser der Franzosen und schließlich bis zu seinem einsamen Tod im Exil auf der Atlantik-Insel Sankt Helena am 5. Mai 1821 – gleichsam von unten, aus der Sicht des Volkes, nachzuzeichnen. Napoléon wurde verherrlichtet, verachtet, verspottet und schließlich zum Mythos erhoben – in anonymen Straßenliedern, politischen Chansons, aber auch in Salonromanzen sowie in der Militärmusik. All das versammelt dieses Album in einer bunten Mischung; selbst Paisiello und Cherubini sind mit Originalmärschen für die Garde des Kaisers vertreten.

Marzorati und seinen Mitstreitern gelingt es, aus dieser Melange ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt November 2021
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 25
von Uwe Schweikert

Weitere Beiträge
Horreur!

Wajdi Mouawad zählt zu jenen überschätzten Regisseuren, die in Frankreich eine ansehnliche Karriere machen. Seit 2016 leitet der 52-jährige, libanesisch-kanadische Doppelbürger das Pariser Théâtre de la Colline, eines der sechs Nationaltheater im Lande, dem mit Alain Françon und Stéphane Braunschweig schon ganz andere Kaliber vorgestanden haben. Als Dramatiker...

Nebelschwaden

Ein Mann schlurft im graublauen Arbeitskittel auf die Bühne und stutzt angesichts des offenbar unerwarteten Publikums. Die Szene kennt man so ähnlich aus dem Theaterkabarettstück «Die Sternstunde des Josef Bieder», bei dem ein Requisiteur ungewollt zum Entertainer wird. Aber im Programmheft steht ausdrücklich: «Wenig Text in deutscher und englischer Sprache.» Und...

Idee statt Drama

Hochmut kommt vor dem Fall. Und dieser «Fall» ist tatsächlich todbringend. Der «Regent», der sich anmaßen wollte, Christus, der Erlöser, selbst zu sein und damit sogar noch über sein egozentrisches Credo «Ich bin» hinauszugelangen, stürzt ausgerechnet mit jenem Raumschiff ab, das er dem «Techniker» zu entwerfen aufgetragen hat. Nichts weniger als die Grenzen des...