Deutschstunde
Nach einem launigen Versicherungsvertreter klingt der Name – oder nach Sparkasse, ein bisschen auch nach Max Mustermann. Doch Hermann Ludwig Müller ist ein garstiger Zeitgenosse. Mischt sich ständig ein in die Handlung, bedrängt die Figuren, zitiert Deutsches aus allen Literaturgewichtsklassen, zündelt, ist zynisch. Einmal schreit Müller in der virtuosen Verkörperung des Schauspielers Patrick Rupar das Schlumpflied («Sagt mal, wo kommt ihr denn her?») ins Publikum.
Und das fällt prompt auf die Provokation herein, es gibt Pfiffe, einige rufen «Aufhören!»
Ein kleines Skandälchen hat sich das Staatstheater Augsburg mit diesem «Fidelio» samt hinzuerfundenem Conférencier beschert, stellt sich damit aber nur in die lange Reihe jener Inszenierungen, die auf die betulichen Dialogtexte verzichten und dafür Eigenes einbauen. Der inszenierende Intendant André Bücker hat das selbst besorgt. Eine gewaltige Arbeit, ein Streifzug durch deutsche Historie und Kunst, eine Reflexion über dieses manchmal so seltsame, gefährliche Land, das den «Fidelio» regelmäßig als Festtagsbraten missbraucht. Auf einem dreigeteilten Videoscreen sieht man Schleyer, Hitler, «Dalli Dalli», Studentenproteste oder Flüge ...
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Opernwelt Juli 2023
Rubrik: Panorama, Seite 42
von Markus Thiel
Sie möge doch bitteschön endlich heiraten, gibt der alte und blinde Onkel Hidraot seiner Nichte Armide zu verstehen. Denn der König von Damaskus (Tomislav Lavoie) erwartet einen würdigen Nachfolger in der Herrschaft über sein Reich. Doch die charismatische Prinzessin, die gemäß Tassos Epos «La Gerusalemme liberata» und in der Libretto-Lesart von Philippe Quinault...
Unter ihrem neuen Künstlerischen Leiter Yuval Sharon hat die Detroit Opera nicht nur ihre künstlerischen Ambitionen hochgeschraubt, sondern auch den Horizont in Sachen Inklusivität erweitert: Die Inszenierung von Osvaldo Golijovs «Ainadamar» («Der Brunnen der Tränen») war die erste spanischsprachige Produktion des Hauses – und das vor einem auffällig diversen...
Stille Nacht. Aber keine heilige. Eher eine traurige. Schon jene fünf Akkorde, mit denen Schuberts Lied «Der Doppelgänger» auf Verse von Heinrich Heine anhebt, verraten viel über die Stimmungslage des einsamen Wanderers, wie wir ihn (und sein meist leises Flehen) schon aus der «Winterreise» kennen. Die Liebste ist unerreichbar fern, das Leben ein einziger...