Der Vorantreiber

Abschied von einem, der weit mehr war als ein Opernintendant: Gerard Mortier

In den Künsten, zumal den darstellenden, gibt es Menschen, die man mehr oder weniger sieht. Primär den Stars ist Öffentlichkeit vergönnt. Doch die im Dunkeln – Autoren, Komponisten, Regisseure, Choreografen, Ausstatter, Dramaturgen –, die sieht man nicht. Dabei sind Interpreten auf Institutionen angewiesen, Kulturapparate, die nicht nur technisch funktionieren, sondern Künste, Produzenten und Rezipienten kreativ zusammenbringen – ja mehr noch: gesamtgesellschaftliche Visionen und Utopien als ästhetische realisieren.



Entsprechend trifft die alte Bezeichnung «Intendant» Gerard Mortier weit besser als die trostlose «Kulturmanager»: einer, der die Richtung weist, nicht einer vorgegebenen folgt. Seit er Ende der Sechzigerjahre vom Musiktheater-Feuer ergriffen wurde, hat er an der Idee festgehalten, dass Oper weder museal, elitär oder kulinarisch zu sein habe, sich vielmehr fortwährend erneuern müsse. Vielleicht kam ihm sogar zustatten, dass er weder aus dem Bildungsbürgertum kam, noch eigene künstlerische Ambitionen hatte. Das hat ihn von Anfang an vor Vorurteilen und Scheuklappen ­bewahrt. Als Sohn eines Bäckers, 1943 im flämischen Gent geboren, studierte er Jura und ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt April 2014
Rubrik: Magazin, Seite 75
von Gerhard R. Koch

Weitere Beiträge
Der Klotz des Damokles

Verdis «Nabucco» ist eine Ansammlung starker Statements: Kampf der Kulturen, mosaisches Gesetz gegen Götzendienst, Liebe gegen Staatsraison, Machterschleichung und Apostasie – ein Knäuel von Handlungsfäden, jeder für sich ein ganzer Opernstoff, verpackt in emotional aufgeladene Gesangsnummern, mit mächtigen Chören dazwischen. Roland Aeschlimann, verantwortlich für...

Neue Liturgie

Dass Oper in Film und Fernsehen oft wie eine verarmte Adelige wirkt, die sich einem Parvenü anbietet, mag arrogant klingen – ganz falsch ist die Behauptung nicht. Denn das Atmosphärische des echten «Live» fehlt gerade bei einer Oper wie «Parsifal» – das wird selbst Peter Gelb zugeben müssen, der betriebsame Generalmanager der Met, der mit seinen Live-Übertragungen...

Nachhilfe für Mozart

Lang ist das alles schon her: «Così fan tutte» gute acht, «Don Giovanni» sogar knappe elf Jahre. Und stilistischer Stillstand, das Ausruhen auf dem einmal Analysierten, das Zufriedengeben mit dem erfolgreich Erreichten wäre so ziemlich das Letzte, was man mit dem Workaholic Kirill Petrenko verbinden würde. Die Metamorphose verblüfft dennoch. An der Komischen Oper...