Der Klotz des Damokles
Verdis «Nabucco» ist eine Ansammlung starker Statements: Kampf der Kulturen, mosaisches Gesetz gegen Götzendienst, Liebe gegen Staatsraison, Machterschleichung und Apostasie – ein Knäuel von Handlungsfäden, jeder für sich ein ganzer Opernstoff, verpackt in emotional aufgeladene Gesangsnummern, mit mächtigen Chören dazwischen. Roland Aeschlimann, verantwortlich für Regie (Mitarbeit: Andrea K.
Schlehwein), Bühnenbild und zusammen mit Andrea Schmidt-Futterer auch für die Kostüme, hat aus nachvollziehbaren Gründen darauf verzichtet, dieses übergewichtige Handlungspaket psychologisch zu unterfüttern, es zu dekonstruieren oder noch eine weitere Erzählung hinzuzuerfinden (die wundersame Bekehrung Nebukadnezars erfolgt bei ihm genauso unvermittelt wie in Temistocle Soleras Libretto). Lediglich in den Schlusstakten erlaubt der Regisseur sich einen eingreifenden Kommentar, wenn die zum jüdischen Glauben konvertierte Fenena, das schwächste Glied im grausamen Spiel der Macht, sich aus der Umarmung Ismaels losreißt und sich ein Messer in den Bauch rammt. Soll wohl heißen: Religiöse Überzeugungen lassen sich nicht so gefahrlos wechseln wie Kleider.
Die großformatige Vorlage hat Aeschlimann in ...
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Opernwelt April 2014
Rubrik: Panorama, Seite 34
von Max Nyffeler
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