Barocke Kosmopoliten
«La douceur de nôtre Chant Français», die Süße des französischen Gesangsstils und seiner poetischen Sprachdeklamation, mit der größeren Lebendigkeit und dem harmonischen Reichtum der italienischen Kammerkantate zu verbinden, war die erklärte Absicht Jean-Baptiste Morins (1677-1745), der um 1700 gleichzeitig mit Nicolas Bernier, einem Schüler des Venezianers Antonio Caldara, das italienische Modell nach Frankreich importierte.
Rund 800 solcher für den aristokratischen Salon bestimmten Kantaten auf antike mythologische oder allegorische Sujets entstanden bis zur Jahrhundertmitte, darunter Meisterwerke von André Campra (1660-1744) , Michel Pignolet de Montéclair (1667-1737), Louis-Nicolas Clérambault (1676-1749) und Jean-Philippe Rameau (1683-1764). Das niederländische Label Etcetera hat 2018 erstmals drei Kantaten Berniers eingespielt (siehe OW 5/2018) und legt jetzt drei Kompositionen des bislang im Katalog ebenfalls nicht vertretenen Morin vor.
Es sind, wie alle französischen Kantaten, Mini-Opern im goût réuni, in denen sich kraftvolle Rezitative im Stil der tragédie lyrique mit Arien abwechseln, die die tänzerische französische Eleganz mit italienischer Brillanz und Lebhaftigkeit ...
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Opernwelt Mai 2019
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 21
von Uwe Schweikert
Hector Berlioz’ Liederzyklus «Les Nuits d’été» ist seit jeher eine Domäne der Frauenstimmen. Aufnahmen von Sängern sind äußerst selten. Das ist erstaunlich, weil in den Rollengedichten Théophile Gautiers stets ein männliches Ich spricht. Berlioz selbst schlug eine Aufteilung auf vier Stimmlagen – Mezzosopran, Alt, Tenor und Bariton – vor, der aber nur Colin Davis...
Frauentag, Feiertag (wenngleich nur in der Hauptstadt), Freudentag. Ob es nun Zufall war oder hellsichtige Planung – für genau diesen Tag die Premiere von Bedřich Smetanas komischer Oper «Die verkaufte Braut» anzusetzen, besaß einen gewissen Charme, zumal mit Mariame Clément eine feministisch-aufgeklärte Regisseurin ihr Debüt an der Semperoper gab. Und wieder...
Man muss sich die Szene nicht vorstellen, um zu wissen, wie viel Pfeffer auf den Tellern lag – die Namen der Beteiligten genügen: Joachim Kaiser, Marcel Reich-Ranicki, beide Träger des Ludwig-Börne-Preises, in ihrer Mitte, moderierend, August Everding. Drei verblichene Titanen des Kulturbetriebs, versammelt auf einer Bühne im beschaulichen Garmisch-Partenkirchen....
