Banale Bilder

Glass: Echnaton
Bonn | Oper

Opernwelt - Logo

Eine Oper der stetigen Veränderung. Kaum eine Phrase ist wie die andere. Auch wenn sie ähnlich klingt, der Rhythmus weiterläuft, jede enthält kleine, wirkungsvolle neue Impulse. Philip Glass erzählt in «Echnaton» von einem radikalen Veränderer, jenem Pharao, der sich von der unübersichtlichen Vielgötterwelt lossagte und Aton, den Sonnengott, an ihre Stelle setzte. Mit dem für einen ägyptischen Herrscher der Antike berufstypischen Größenwahn und brutaler Aggression. Ein Visionär, ein Diktator, ein Gescheiterter – die Historiker wissen wenig über ihn.

Wie «Satyagraha» und «Einstein on the Beach» ist «Echnaton» kein biografisches Werk, sondern philosophisch, rätselhaft, assoziationsoffen.

Die Regisseurin Laura Scozzi hat ihm nun in Bonn eine lineare Handlung übergestülpt. Ein Lehrer versucht, seine undisziplinierte Schulklasse für ägyptische Geschichte zu begeistern. Ein Mädchen namens Marie fährt voll auf Echnaton ab, fantasiert sich in seine Welt, glaubt an ihn, radikalisiert sich, unterzieht sich einer rituellen Waschung, lässt sich die Haare scheren, wird zur Selbstmordattentäterin.

Nicht ganz so banal ist der zweite Inszenierungsgedanke: Scozzi sieht in Echnaton den Begründer ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Mai 2018
Rubrik: Panorama, Seite 46
von Stefan Keim

Weitere Beiträge
Weniger ist mehr

Gott ist abwesend, der Kampf ums Überleben diktiert den Stückverlauf. Die (Todes-)Angst vor Aids und das heikle Coming-out, auch innerhalb der Familien, heizen ihn an. Aus dem Alltag erwächst die Vision, am Ende fantasiert sich Prior Walter (er ist nicht Prior, er heißt so) einen Engel herbei, der seinerseits auf Prophetensuche ist. Doch Prior lehnt den Job ab. Er...

Rückfall

«Traurig», stöhnte der Meister übers Libretto aus der Textwerkstatt à la Scribe, «demütigend», «uninteressant». Dann auch noch eine Primadonna, die kurzfristig aus Paris verschwand: Giuseppe Verdis «Les Vêpres sici­liennes», so scheint es, sind die Presswehen noch heute anzumerken. Also Machwerk? Oder doch Vorzeichen der Moderne? Dabei fällt der Fünfakter ja gar...

Auf halbem Wege

Eine junge Frau hält einen Totenkopf in den Händen, betrachtet ihn eingehend, wirft ihn dann von sich; ein Kind fängt den mutmaßlichen Schädel auf, er entpuppt sich als Ball. Und wir haben uns täuschen lassen. Calixto Bieito punktet, führt mit einem konkreten, angemessen schillernden Bild in seine szenische Anverwandlung von Verdis «Messa da Requiem» ein. Mutter...