Aus dem Leben eines Taugenichts

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Wir haben einen Schrank für Konzertkleidung zu Hause. Meine Frau hat mir darin neben ihren Roben eine kleine Ecke überlassen. Ich brauche zum Glück nicht viel Platz. Die Damen haben es schwerer. Für die Stars legen sich schon mal Designer ins Zeug, aber den Normalsterblichen schneidert niemand 36 000 Kristalle auf den Leib wie kürzlich Anna Netrebko in Salzburg. Wenn sich die Kosten gegen die Gagen halbwegs rechnen sollen, bleibt meinen Kolleginnen die Wahl zwischen Satin-Monstrositäten und samtenen Katastrophen.

Man braucht viel Geschmack (der meiner Frau ist übrigens tadellos, ist ja klar) und noch mehr Glück, um dem Schreckschrauben-Schicksal zu entkommen.

Mir verlangt selten jemand Spezielles ab. Meist tut’s ein Anzug, gelegentlich sogar das schwarze Hemd. Den Frack habe ich schon seit zwei Jahren nicht mehr gebraucht – teils, weil die Pinguine aus der Mode kommen (wurde auch Zeit), teils, weil ich weniger Konzert singe. Den «Messias» und die Messen überlasse ich inzwischen Jüngeren, deshalb hoffe ich, dass das Ding noch bis zur Rente hält. Ich hab nicht vor, noch einen zu kaufen. Mal ehrlich, das zahlt sich einfach nicht aus. In meinen vierzig Jahren als ...

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Opernwelt Januar 2017
Rubrik: Magazin, Seite 73
von Christopher Gillett

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