Aufgeschminkt

«Anna Nicole» von Mark-Anthony Turnage an Londons Covent Garden sowie ein Gespräch mit dem Komponisten

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So viel Hype war nie.

Ein mit Silikon vollgepumptes Pin-up-Girl als Hauptfigur am Royal Opera House? Four-letter words, bis der Kronleuchter klingelt? Sex, Drugs & Rock’n’Roll, dass die Wände wackeln? Eine Hähnchenbraterei, ein Striplokal und ein geiler Greis auf der königlichen Bühne? Als bekannt wurde, dass Mark-Anthony Turnage, der 1960 geborene rough boy unter Großbritanniens Komponisten, für Covent Garden eine Oper über das kurze Leben des amerikanischen Playmates Anna Nicole Smith schreiben würde, war, nicht nur in der englischen Boulevardpresse, die Hölle los – als hätte es Brecht/Weills, «Mahagonny»-Bilderbogen nie gegeben. ROH-Chef Tony Hall und seine scheidende Operndirektorin Elaine Padmore hatten die Gunst der Stunde sofort gewittert – und eine PR-Kampagne abgesegnet, die den chirurgisch fabrizierten Marilyn-Monroe-Appeal der 2007 im Alter von 39 Jahren verstorbenen Texanerin als visuellen Botenstoff einsetzte. Mit durchschlagender Wirkung: Als Turnage noch an den Noten des Zwei-Stunden-Opus und Richard Thomas an den Slang-Reimen des Librettos feilte, hatte «Anna Nicole» bereits alle Blicke auf sich gezogen. Auch weil sich Eva-Maria Westbroek, die Darstellerin der Titelrolle, schon vor dem «Event» mit halb entblößtem Busen und laszivem Lolita-Lächeln als Animierdame hatte einspannen lassen. ...

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Opernwelt April 2011
Rubrik: Im Focus, Seite 6
von Albrecht Thiemann

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