Armut ist keine Schande

Gelsenkirchen, Rameau: Platée

Das Musiktheater im Revier überrascht. Die Fassade ist bestens in Schuss, und der Eindruck verstärkt sich im ­Inneren des Hauses, das seit 1959 ein Denkmal alters­loser Modernität ist. Die Kommune, obwohl von hoher Arbeitslosigkeit und leeren öffentlichen Kassen geplagt, hat ihr Theater, immer wieder kritisch beäugt vom Architekten Werner Ruhnau, nicht herunterkommen lassen.

Dass Armut keine Schande sein muss, im Spiegel der eigenen Geschichte sogar Stolzgefühle wecken kann, erlebte Ruhnau bei der Premiere der jüngsten Produktion des Hauses: Rameaus komischer Tanzoper «Platée» von 1745.
Der Prolog spielt, am Klavier begleitet und auf Deutsch gesungen, in einer von Ausstatter Eckhard-Felix Wegenast den Foyers des Hauses nachgebauten Szene. Zunächst wedelt eine Putzfrau Staub, später gibt es Unangenehmeres zu entsorgen. Teil der Gesellschaft, die wie zu einer Premierenfeier in heutiger Kleidung auf die Bühne kommt, ist ein betrunkener Dichter. Er soll das folgende Spiel erfinden, übt sich aber wie 2001 ein Regisseur nach einer missglückten Inszenierung als knäbischer Bilderstürmer und knallt eine Sektflasche gegen die Wand, auf der ein Abbild der das Haus schmückenden ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt März 2006
Rubrik: Panorama, Seite 47
von Ulrich Schreiber

Vergriffen
Weitere Beiträge
Beziehungsprobleme

Der «Lohengrin»-Frust sitzt offenbar tief bei Barrie ­Kosky. Während seiner Arbeit an Brittens «Sommernachtstraum» ließ er über die Medien erst mal jede Menge Wien-Schelte vom Stapel, um zu betonen, wie unvergleichlich viel freier die Produktionsbedingungen im hanseatisch aufgeschlossenen Bremen seien. Aber das Ergebnis zeigte dann, dass ein biss­chen mehr...

Opernfassung total

So etwas kann sich nur ein Sammlerhirn ausdenken – und alle, die ähnlich ti­cken, dürfen sich nun bei ihm bedanken. An­dreas Ommer besitzt ein solches Hirn. Er hat mehr als fünfundzwanzig Jahre lang nach Opernaufnahmen gefahndet, um sie karteikartentauglich zu machen. Heute nutzt man für solche Projekte bekanntlich andere Medien, daher liegen Ommers...

Heroine mit Herz

Am Anfang war Astrid Varnay. Ihr verdankte ich den persönlichen Kontakt zu Birgit Nilsson. Ich wollte mit der großen schwedischen Sopranistin über ihr Leben und ihre Kunst reden. Sie hatte sich schon weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, gab nur noch selten Interviews. Ein lapidares Fax aus Schweden erreichte mich, einen Tag nachdem ihre Freundin Astrid...