Als die Erde eine Scheibe war
Im Wort «Schuldigkeit» schwingt Verpflichtung mit, und auch ein «Wehe!»: Im Fall der Nichtbefolgung des ersten Gebots, der für die Menschheit obligaten Gottesliebe, droht ewige Verdammnis. Die dafür benützten Bilder scheinen kulturhistorisch noch aus jenen Zeiten zu stammen, da die Erde als Scheibe galt. In ihnen wurde die Frohbotschaft der Evangelien oft zur Drohbotschaft – Liebe und Angst fuhren quasi im gleichen Boot die Lethe hinunter.
Solches galt grosso modo wohl auch für die symbolischen Figuren von Mozarts «Die Schuldigkeit des ersten Gebots».
In diesem merkwürdig hybriden compositum streiten Weltgeist, Christgeist, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit um den «lauen Christen». Wobei Librettist Anton von Weiser, damals zugleich Salzburger Bürgermeister, dies in allzu dürre Worte fasste, die dem sinnenfrohen Wunderknaben Mozart wohl kaum Spaß bereiteten. Dem als spirituelle Erbauung zur Fastenzeit geschaffenen, am 12. März 1767 in der fürsterzbischöflichen Residenz uraufgeführten Stück ergeht es wie den Fastenspeisen, die bei entsprechender Zubereitung dem Gaumen durchaus Freude bereiten können. «Koch» Mozart schuf ein in musikalischer Hinsicht durchaus kalorienreiches Potpourri ...
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Opernwelt Mai 2025
Rubrik: Medien, Seite 37
von Gerhard Persché
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