Alles muss gezeigt werden
Dass der zweite Teil des neuen «Ring» an der Metropolitan Opera weniger enttäuschte als der (dürftig besuchte) «Rheingold»-Auftakt im letzten September, ist kaum überraschend. Die «Walküre» war durch die Bank stärker besetzt, wenngleich Deborah Voigts stimmliche Verfassung bei der Gestaltung der Titelrolle durchaus Wünsche offen ließ. Geprägt wird dieser «Ring» aber vor allem durch Robert Lepages sündhaft teure «Maschine» – jene oft störend geräuschintensive Einheitsbühne, die der Vision des Regisseurs zugrunde liegt.
Der technische Aufwand ist enorm, von einem intellektuellen Konzept kann dagegen nicht wirklich die Rede sein. Wer weiß: Vielleicht erwarten uns zum Abschluss der Tetralogie im nächsten Jahr ein spektakulärer Waldvogel oder isländische Lavaströme? Für die «Walküre» haben Lepage und seine Ausstatter zumindest zwei Effekte parat, die im Gedächtnis bleiben: Die 24 Kolben der «Maschine» verwandelten sich während des Vorspiels nicht nur in verschneite Baumstämme, sondern leisteten als «Steckenpferde» bei der Umsetzung des Walküren-Ritts erfrischende, bisweilen gefährlich anmutende Dienste. Insgesamt besaßen Bühne und Ausstattung jedoch bestenfalls funktionalen Charakter. ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt Juni 2011
Rubrik: Im Focus, Seite 14
von David Shengold
Es dürfte hauptsächlich rezeptionsgeschichtliche Gründe haben, dass die 1849 entstandene «Luisa Miller» noch immer zum frühen Verdi geschlagen wird. Denn was die dramatische Stringenz und die Verknappung der musikalischen Mittel angeht, steht diese dritte Schiller-Veroperung Verdis schon fast auf dem Niveau des «Rigoletto» – hier wie dort herrscht...
Man kann sich bei Barrie Kosky auf einiges verlassen: seinen Hang zur Überbetonung, zum Showhaften, zum Gag. Aber mit ein bisschen Glück mischt sich zum Glamour auch die starke Geste, zum Vorlauten auch das stille Moment.
Für Letzteres ist im hannoverschen «Ring», der jetzt mit «Siegfried» in die Zielgerade einbiegt, vor allem das stumme Erda-Double zuständig:...
Es ist eine alte Geschichte, doch bleibt sie immer neu: In der Kunst geht nichts ohne Form. Die besten Ideen verblassen und alle kreative Energie verpufft, wenn es keinen Rahmen, keinen roten Faden gibt, die ästhetische (Ent-)Äußerungen fokussieren. Das gilt erst recht für Strategien, die künstlerische Wahrheit aus der Verletzung etablierter Regeln und Kodes oder...