Abstieg in Rosa

Essen: Puccini: Madama Butterfly

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«Madama Butterfly» ist immer wieder Sentimentalität vorgeworfen worden. Ein rezeptionsgeschichtliches Missverständnis? Bei der Mailänder Uraufführung 1904 zumindest wurde das Werk keineswegs als exotisches Rührstück wahrgenommen, sondern als Provokation. Die Premiere bescherte Puccini ein Desaster, es kam ob der deutlich formulierten, massiven Sozial- und Kolonialismuskritik zu Tumulten. Erst eine entschärfte Fassung ebnete der «Butterfly» den Weg ins Repertoire.



Die Titelheldin ist von den großen Frauenfiguren Puccinis die wohl tragischste und die Geschichte ihres Niedergangs durch enttäuschte Hoffnung vor dem Hintergrund eines interkulturellen Konflikts noch immer oder schon wieder hoch brisant.

Regisseur Tilman Knabe verlegt die Geschichte von Cio-Cio-Sans nicht nur fremd verschuldetem Schicksal aus dem Nagasaki des 19. Jahrhunderts in die asiatische Gegenwart. Cio-Cio-Sans Häuschen ist ein klappriger, aber zunächst noch puristisch edel möblierter Container. Kuppler Goro trägt Ballonseide und Gel im Haar; Liebhaber Pinkerton Jeans, Sonnenbrille und Cowboystiefel. Cio-Cio-Sans Verwandtschaft ist eine krawallig lärmende Truppe, die Frauen sind vorzugsweise im aufreizenden ...

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Opernwelt Juni 2011
Rubrik: Panorama, Seite 37
von Regine Müller

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