Zwischen Tradition und Aufbruch

Wie das 1997 eröffnete Neue Nationaltheater in Tokio Anschluss an die internationale Opernelite sucht

Opernwelt - Logo

Die japanische Wirtschaft mag derzeit schwächeln, die japanische Gesellschaft sorgenvoll in die globalisierte Zukunft blicken, die japanische Politik den schmerzlichen Umbau des Sozialstaates betreiben – doch allen Krisensymptomen zum Trotz ist die Nachfrage nach teurer «klassischer» Musik aus Europa ungebrochen. Spielen auf Einladung privater Impresarii, sagen wir, die Berliner Philharmoniker, die Mailänder Scala oder die Wiener Staatsoper im Reich des Tenno, sind viele Japaner nach wie vor bereit, fast jeden Preis für eine Eintrittskarte zu zahlen.

Bis zu sechshundert Euro kostet etwa ein Abend in voller Wagner-Länge – und das, obgleich man Tristan, Sachs & Co. mangels schöner Opernbühnen in gesichtslosen Mehrzweckbauten bei der Arbeit zuschauen muss. Um die dreitausend operntaug­liche Bespielstätten finden sich zwischen der Nordinsel Hokkaido und der Süd­insel Kyushu, die Kino-Dichte liegt deutlich niedriger. Das Geschäft mit «authentischen» Ensembles aus Übersee brummt. So haben, ein paar Beziehungen und ein wenig Verhandlungsgeschick vorausgesetzt, selbst deutsche Regionalligisten wie die Brandenburger Symphoniker oder das Loh-Orchester Sondershausen noch immer die Chance, auf ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt April 2006
Rubrik: Theaterporträt, Seite 76
von Albrecht Thiemann

Vergriffen
Weitere Beiträge
Nicht Heine, Nicht Freud: Wagner!

Auf den Tischen im Coburger Theater-Büffet stehen Glasvasen mit orangefarbenen Tul­pen. Und an jeder Blume baumelt ein gelbes Schiffchen aus Papier. Für das Haus im fränkischen Norden ist die Premiere des «Fliegenden Holländer» ein Großereignis – da gibt man sich Mühe. Die Firma Brose (Fahrzeugteile) unterstützt das Not leidende Theater beim Engagement der...

Oberflächenreize

Niemand wird widersprechen: Der neue «Figaro» an Covent Garden sieht so gut aus, wie er klingt. Die Verwandlungen sind atemberaubend geschickt, das Dirigat ist elegant, die Besetzung gut. Jeder scheint zufrieden nach Hause zu gehen, oder? Nicht ganz. Denn es gibt ein Loch im Herzen dieses Abends, eine Kluft zwischen Ideen und psychologischem Verständnis. Szenischer...

Stimmglanz statt Seelenkitsch

Als die Nazis Richard Tauber aus Deutschland vertrieben hatten, standen da schon zahlreiche Tenöre in den Startlöchern, seine Nachfolge als Operettenkönig anzutreten. Interessanterweise versuchten alle – voran Herbert Ernst Groh, Marcel Wittrisch, Karl Friedrich –, seinen Vortragsstil nachzuahmen. Die Tauber-Träne begegnet uns in den Aufnahmen der dreißiger und...