Zurüstungen für die Flüchtigkeit
Bühnenbilder von Karl-Ernst Herrmann bewegten sich immer «in einer unnachahmlichen Spannung zwischen den hinreißenden Details und dem großen Ganzen Schönen», schrieb Gerhard Stadelmaier 2018 in seinem Nachruf für die FAZ.
Das große Ganze, meistens auch Schöne ist bekannt: Herrmanns Anfänge mit Kurt Hübner in Ulm und Bremen, die höchst individuellen (Ent-)Würfe für das Breitwandformat der Berliner Schaubühne bei Peter Stein, die Arbeiten mit Claus Peymann in Stuttgart und Wien, ab 1982 dann eigene Inszenierungen im Musiktheater, die er stets gemeinsam mit seiner Ehefrau Ursel Herrmann bestritt.
Das Kleine, erfüllt von hinreißenden Details, liegt nun sicher in den Archiven des Deutschen Theatermuseums in München, das den Nachlass erworben hat: 1600 Graphiken, 1350 Bühnenbild- und 200 Kostümentwürfe, dazu einige Planzeichnungen. Die meisten davon sind nicht größer als DIN A4: Im Entwurfsstadium liebte Herrmann die Miniatur, zeichnet in der Regel nur mit spitzem Bleistift, der auch Flächen geduldig mit Schraffuren füllt und Erläuterungen in winziger Schrift hinzufügt, seltener mit Buntstift. Wo sich Farbe findet, ist oft nicht die Eigenfarbigkeit von Objekten gemeint, sondern die ...
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Opernwelt April 2024
Rubrik: Magazin, Seite 77
von Michael Stallknecht
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