Wimmelbilder

Giordanos «Andrea Chénier» als Erstaufführung an der Bayerischen Staatsoper in München, mit Jonas Kaufmann und Anja Harteros

Opernwelt - Logo

Lassen wir Jonas Kaufmann einfach mal in Ruhe. Der Mann steckt wahrscheinlich gerade in der heikelsten Phase seiner Laufbahn. Mehrere Monate musste er wegen eines Hämatoms auf den Stimmbändern pausieren. Bekanntlich sind Monate, in denen Sänger nicht auftreten dürfen, viel anstrengender als solche, in denen sie gut zu tun haben. Zur nervlichen Belastung und einem geradezu hysterisch angeheizten Erwartungsdruck kommt die Härte des Marktes. Jonas Kaufmann muss jetzt, wo er wieder da ist, sofort Partien abliefern wie Lohengrin und Andrea Chénier, beides kaum Entspannungsübungen.

Am Ende der Saison droht sogar der Otello an Covent Garden – ein Rollendebüt, ebenfalls hysterisch erwartet. In einem kleinen Ensembletheater hätten sich Intendant und Tenor auf einen moderaten Wiedereinstieg verständigen können. Erst mal eine mittlere Partie, ein Mozart vielleicht sogar, zumindest eine «Tosca». Für Stars gelten andere Regeln. Alles muss weitergehen – als sei nichts geschehen.

Bei der Münchner Premiere von «Andrea Chénier» sang Jonas Kaufmann im ersten und zweiten Bild immer wieder zurückhaltend und vorsichtig, fast möchte man sagen: instinktiv richtig. Zur historischen Figur des tragischen, ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Mai 2017
Rubrik: Im Focus, Seite 14
von Stephan Mösch

Weitere Beiträge
Abgefahren

Kann Oper eigentlich cool sein? Kann der überhöhte und überhöhende Tonfall des «unmöglichen Kunstwerks» (Oscar Bie) die gewollte Lässigkeit und rotzige Lakonie Heranwachsender einfangen? Oder ist Oper –  zumindest in ihrer traditionellen Spielart mit klassisch ausgebildeten, gestützten und vibrierenden Stimmen – nicht tatsächlich das schiere Gegenteil von cool?...

Fratzen der Frömmigkeit

In seinem berühmt-berüchtigten «Spiegel»-Interview 1967 (in dem er übrigens keineswegs gefordert hatte, die Opernhäuser «in die Luft zu sprengen») spottete Pierre Boulez, statt «Macht des Schicksals» zu dirigieren, würde er lieber spazierengehen, und «Rigoletto» in Zeffirelli-Manier sei schlicht «idiotisch». Aus der polaren Sicht der rigiden Nachkriegsavantgarde...

Spielverzögerung

Erst war es ein Gerücht – nach der Absage eines Gastauftritts des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks –, seit Anfang April ist es amtlich: Die Berliner Staatsoper Unter den Linden kann am 3. Oktober 2017 nicht, wie geplant, mit einer Opernpremiere wiedereröffnet werden. Lediglich eine festliche Übergabe soll es nach einer siebenjährigen Umbau- und...