Willkommen in der Hölle
Der Norden der Brüsseler Innenstadt ist kein idyllischer Ort. Die großen Boulevards mit ihren pompösen Wohnblocks zerfransen am Nordbahnhof, der Straßenstrich wirkt am Sonntag noch deprimierender als sonst, das ganze Viertel ist eine von Büroeffizienz und Kommerz diktierte Bausünde der 90er-Jahre. In der großstädtischen Ödnis drängen sich nur vor dem Théâtre National ein paar Menschen, unter die sich kostümierte Exoten in knallbunten Kostümen mischen. Wahrscheinlich würden sie weniger auffallen vor den Säulen der Oper an der Place de la Monnaie im Zentrum.
Aber das Stammhaus wird renoviert, die arg durchgesessene Bestuhlung erneuert und die Bühnenmaschinerie technisch aufgefrischt. Deshalb spielt La Monnaie in der kommenden Saison extra muros, wie es Intendant Peter de Caluwe in verschmitzter Anspielung an die unehrenhaften Berufe formuliert, die in mittelalterlichen Zeiten vor die Mauern der Stadt verbannt wurden. Immerhin muss man in Brüssel keine temporären Zelte aufschlagen, sondern kann auf technisch mal mehr, mal weniger geeignete, immer aber inspirierende Orte zurückgreifen: die ehemaligen Markthallen von Schaerbeek, den Königlichen Winterzirkus, Victor Hortas Palais des ...
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Opernwelt August 2015
Rubrik: Im Focus, Seite 14
von Michael Struck-Schloen
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Das Interesse an Barockmusik ist in den letzten 25 Jahren enorm gestiegen», sagt Christophe Rousset in der Brasserie Excelsior und fährt mit einem Hauch Bitterkeit in der Stimme fort: «Aber die französische hat’s immer noch schwer. Das Rameau-Jahr zum Beispiel hat praktisch keine Spuren hinterlassen. ‹Platée› gibt es ja immer mal, doch das war auch schon vorher so....
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