Wahlverwandtschaften
Mehr als Scharnierwerke zwischen verebbender Romantik und heraufdämmernder Moderne sind das. Und es scheint, als habe mit Blick auf diese Phase der musikalischen Entwicklung Richard Strauss auch beim Lied (wie bei der Oper) den Repertoire-Sieg davongetragen. Dabei erkunden die Mini-Dramen eines Franz Schreker, Alexander Zemlinsky, Othmar Schoeck oder Wilhelm Kienzl ganz eigene, eigentümliche Felder der Farben und harmonischen Novitäten – auch wenn die Themen nicht unbedingt neu sind.
Mit dem Zyklus «Turmwächterlied und andere Gesänge» bewegt sich Zemlinsky zum Beispiel auf einem parallelen Pfad zu Mahlers «Wunderhorn»-Liedern, die auch Kriegerisches thematisieren. Bei Zemlinsky ist der Pathos-Anteil etwas größer – wovon sich freilich Norbert Ernst nicht verführen lässt. Dem Tenor, Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper, ist mit «Wohl fühl ich, wie das Leben rinnt» eine mutige, hörenswerte Lied-CD geglückt, ganz ohne Hits. Sie kündet von der Neugier dieses Sängers und davon, dass seine Stimme zu mehr fähig ist als zu Charakterrollen à la Loge oder David. Ernst singt das zwischen Spätromantik und Expressionismus oszillierende Repertoire mit leicht ansprechender, gehaltreicher, nur ...
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Opernwelt April 2014
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 21
von Markus Thiel
In den 1950er-Jahren war Rosanna Carteri (*1930) eine der gefragtesten italienischen Sopranistinnen im lyrischen Fach, sang an der Mailänder Scala und bei den Salzburger Festspielen, spielte zahlreiche komplette Opern ein und wirkte in mehreren Fernsehopern der RAI mit. Ihr Repertoire reichte von Pergolesi bis Gilbert Bécaud («L’Opéra d’Aran»), zu ihren Glanzrollen...
Drei Generationen, drei Stimmfächer, drei mögliche Arten, eine Sängerbiografie zu schreiben. Arleen Auger wird zum 20. Todestag gewürdigt, Jochen Kowalski zum 60. Geburtstag – und die 37-jährige Elina Garanca, weil sie ein MedienDarling ist. Da gebührt natürlich der großen amerikanischen Interpretin der Vorrang: Ein einziges Mal nur hat Ralph Zedler Arleen Auger...
Der Test: Spukt die Musik des anderen, Berühmteren weiterhin durch den Kopf? Sie tut es nicht. Schon nach wenigen Takten, auch wenn Narraboth (hier «le jeune Syrien») auf Französisch die schöne Prinzessin besingt, behauptet sich die Partitur von Antoine Mariotte als Eigenwert. Weil sie eben so anders ist: kein verführerisches Parfüm à la Richard Strauss, kein...