Wagner: Das Rheingold
Eine ziemlich degenerierte Gesellschaft sind sie schon, diese Götter: Wotan, der ständig abwiegelnde smarte Schwächling; Fricka, sein moralinsaures Eheweib; Donner, der aufbrausende Hohlkopf; Froh, der eitle Fant.
Anthony Pilavachi arbeitet, zum Teil in zusätzlich eingefügten stummen Begegnungen, mit seinen Darstellern scharfe Charakterporträts heraus und führt sie in oft amüsantem szenischen Geplänkel zu einer Art Walhall-Soap zusammen, ohne dass es ihm und seinem Bühnenbildner Momme Röhrbein jetzt schon gelänge, einen greifbaren Ansatz zu einer interpretatorischen und optischen Gesamtkonzeption der Tetralogie deutlich werden zu lassen – wie sie etwa (um im norddeutschen Vergleichsbereich zu bleiben) Kirsten Harms vor einigen Jahren in ihrem Kieler «Ring» von Anfang an stringent hatte durchblicken lassen. Immerhin, Lübeck hat mit diesem «Rheingold» ein kurzweiliges musikalisches Fast-Boulevardstück im Programm mit überraschenden Bild-Erfindungen (wie dem aus der «Götterdämmerung» vorweggenommenen Auftritt der Nornen oder dem realen Auftauchen des Schwertes Nothung zum ersten Erklingen seines Motivs), allerdings auch einem so danebengehenden Einfall wie dem der «kleinen Brünnhilde», die – blond gelockt und mit Schwanenflügelhelm – Erdas Warnung an Wotan zu süßlichem Kitsch verhilft. ...
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