Vorliebe für Außenseiter
Jeder große Künstler würde gern der letzte Mohikaner sein – oder der erste Mensch. Wir leben ja immer noch im Zeitalter des Originalgenies – auch, wenn dieser altehrwürdige Sturm und Drang-Begriff aus der Mode kam und längst durch neue, mit dem Zeitgeist von Copy & Paste kompatiblere Worte ersetzt worden ist, wie «Freak» oder «Ikone». Aribert Reimann ist weder das eine noch das andere. Er ist aber auch kein Geschichtspessimist, trotz seiner Vorliebe für die Nachtseiten des Lebens, die Ausgestoßenen, das Apokalyptische.
Was nicht nur Stoffauswahl und Quintessenzen seiner Werke geprägt hat, sondern sich, auf immer wieder andere Weise, unmittelbar in den Details seiner Musiksprache niederschlägt, in Form und Faktur, Klangbild und Instrumentalfarben. Tanz und Gelächter, Glück und Küsse kommen in Reimanns musikalischem Kosmos so gut wie nie vor. Stattdessen: Lamentogesten, geteilte Bratschen, dominierende Bässe, Schlagzeuggewitter und ein allzeit weit ausgreifendes Melisma, als Espressivo-Apotheose der leidenden, kämpfenden, sich entäußernden Menschenstimmen.
Eine schwarze Spur der Melancholie zieht sich unüberhörbar durch sein Œuvre, quer durch die frühen, ernsten Liedkompositionen ...
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Klassisch und nahezu dogmatisch argumentiert: Maler haben auf der Bühne nichts zu suchen. Malerei ist zweidimensionale Raumkunst, Theater dreidimensionale Zeitkunst. Beides zusammengespannt, verträgt sich schlecht. Das letzte Wort in dieser Sache?
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