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Das Theater Lübeck präsentiert Mieczysław Weinbergs «Passagierin» – musikalisch bestechend konzis, szenisch voller Poesie

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Der Titel des achten (und vor dem Epilog) letzten Bildes aus Mieczysław Weinbergs Oper «Die Passagierin» verrät kaum, welch gewaltige Peripetie in ihm steckt und wie viel von der Idee eines Menschen in der Revolte. «Konzert» ist dieses Bild überschrieben, und ein ebensolches steht nun auch in jenem Raum des Badehauses im KZ Auschwitz an, der jedoch im Theater Lübeck kaum als solcher auszumachen ist. Das «Häftlingsorchester» sitzt hier nicht direkt vor den Augen der SS-Männer und Aufseher sowie der Häftlinge, die starr staunend am Rand harren.

(Fast) alles andere stimmt mit dem Original überein: Der namenlose Kommandant des Konzentrationslagers, für den eigens ein Stuhl reserviert wurde, wünscht sich seinen Lieblingswalzer, und als Tadeusz, Martas Verlobter, mit der Violine in der Hand die Szenerie betritt, rechnet wohl niemand damit, dass sich gleich etwas Einzigartiges zutragen wird. Ein Mensch bekundet seine Autonomie (so als wolle er jenen Satz des russisch-jüdischen Dichters Josip Brodsky beglaubigen, wonach ein freier Mensch einer sei, der nicht klage, wenn er eine Niederlage erleide), und er tut dies im Angesicht einer rücksichtslosen Vernichtungsmaschinerie, von der er weiß, ...

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Opernwelt Dezember 2024
Rubrik: Im Focus, Seite 6
von Jürgen Otten

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