Varieté sans vérité
In seiner Begrüßungsrede versprach Barrie Kosky dem Publikum «zweieinhalb Stunden vollkommenen Blödsinns» – womit seine Inszenierung beinahe erschöpfend umschrieben ist. General Bumm und die adligen Kretins am Gerolsteiner Hof turnen im kugelrunden Distanzdress über die leere Bühne, die Slapsticks sind auch nicht durchweg haute couture, sondern oft von der Stange, und die Großherzogin ist eine Travestie-Diva und schnackt Norwegisch.
Na schön, vergnügen wir uns halt auf dem Niveau, so gut es geht in diesen traurigen Theatertagen.
Hochstapelei und Tiefenschwindel gibt es ja genug auf deutschen Bühnen; Kosky hält wieder einmal sein populäres Gegengift bereit: Queerness und Gender Comedy, bodenlosen Leichtsinn, gedankenloses Gekicher. Alles gut gemacht, sensationell gut, wenn man es zum ersten Mal erlebt. Auf die Dauer aber wird seine Regiesprache zur Marotte. Und die Dauer kann kurz sein, der Überdruss stellt sich ziemlich schnell binnen eines Stückes ein. Und führt dann unvermeidlich zur Frage: ist das schon alles? Ist die Operette wirklich so platt?
Nein, platt ist sie nur in ihrer Varieté-Version. Es braucht schon einen begnadeten Buffo wie Tom Erik Lie, um die Degradierung ...
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Opernwelt Dezember 2020
Rubrik: Panorama, Seite 32
von Volker Tarnow
Liebe beginnt meist mit Verwunderung, mit Staunen, mit einem Blick, der alles verändert. Hier, in der dritten Szene des zweiten Akts, hebt diese Liebe in nachgerade unschuldig-lyrischem B-Dur an. Doch vernimmt man den weit entfernten Donner und blickt bereits an dieser Stelle auf das Ende der Oper, sollte man bei Samsons sanft tönenden Worten «En ces lieux» gewarnt...
Es ist ein prachtvoller Bildband, den der Schott Verlag zu seinem 250. Geburtstag herausgebracht hat: eine Übersicht all der Erstausgaben, der Niederlassungen in aller Welt, vor allem aber der großen Komponisten, die man bei ihrer Arbeit begleitet und auch bezahlt hat, von Beethoven über Wagner bis Strawinsky, von Hans Werner Henze über György Ligeti bis Chaya...
Das Outfit ist, nun ja, gewagt. Vor allem, wenn man bedenkt, aus welcher Zeit es stammt. Die 1950er-Jahre in Deutschland waren noch nicht unbedingt von jenem freien Geist geprägt, den die Generation danach etablieren sollte. Das Abendkleid jedoch, das die junge Frau mit dem verschmitzten Lächeln trägt, kündet von der kommenden Avantgarde: weitgeschwungen in der...