Urbi et orbi

Für die Stadt und immerhin den Landkreis: Das «Theater für Niedersachsen» bedient seit 2007 nicht nur Hildesheim, sondern auch 60 Orte im Bundesland. Eine Aufgabe, der Intendant Oliver Graf aus Überzeugung gerecht werden möchte. Sein Rezept für die Spielplangestaltung lautet: Neues, Unbekanntes – und das «Trilogie-Prinzip»

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Die Welt, auch die der Oper, ist ungerecht. Während man den Großen stets, und sei es auch noch so kritisch, huldigt, führen die Kleinen meist ein Dasein im Schatten, sprich: Man bemerkt sie kaum. Doch gerade in den Darstellenden Künsten und hier insbesondere in der Oper liegt der große Gewinn in der Vielfalt. Und was das angeht, schauen die benachbarten Länder sehnsuchtsvoll nach Deutschland. Es ist dies nach wie vor das Land mit der größten Theaterdichte weltweit. Und das berühmte deutsche Stadttheater gewissermaßen das Fundament dieses Reichtums. Diesen vor Ort in Augenschein zu nehmen, ist Anlass und Impuls für die Serie «Opernwelt auf Landpartie», in der wir in loser Folge und von A bis Z die kleineren Häuser porträtieren.

Im oberen Fenster eines bunt bemalten Fachwerkhauses klebt ein selbstgebasteltes Pappschild: «Für die Vielfalt! Gegen rechts!». Hildesheim ist ein kleines Juwel der Fachwerkarchitektur. Neben einer mühevoll wiederaufgebauten Innenstadt, die diesbezüglich im Zweiten Weltkrieg einen großen Bestand eingebüßt hat, gibt es ganze Straßenzüge mit erhaltenen, aufwendig verzierten Fassaden, Rosenbüschen und Laternen. Dazwischen sind kleine liebevolle politische Bekenntnisse versteckt. Hildesheim ist klein. Nicht winzig, aber klein.

Eine katholische Enklave im protestantischen Niedersachsen. Zudem ein Hochschulstandort, wo ästhetische Praxis erforscht und gelehrt wird, genauso wie Design, Kunst und Soziologie. Wem muss man hier erklären, was Theater bedeutet? Und doch ziert die ersten Seiten des Spielzeithefts – für die meisten Opernhäuser der heilige Gral der Außenkommunikation – eine Liebeserklärung an die Darstellenden Künste: warum sie wichtig sind für die Gegenwart, für die Demokratie, für Hildesheim. Angelegt ist diese Einladung nicht nur in unterschiedlichen, sondern auch in leichter Sprache. Alle sind willkommen. Und bei der Vielfalt an Gastspielen im gesamten Bundesland, die das ...

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Opernwelt März 2025
Rubrik: Landpartie, Seite 52
von Anna Chernomordik

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