Tonstörung
Das Bild besaß Symbolcharakter: Während der Ouvertüre zu Richard Wagners romantischer Oper «Lohengrin», die im Graben des Hessischen Staatstheaters bei der (szenisch leider völlig missglückten) Premiere ohnehin eher nach Verkrampfung als nach Verklärung klang, klemmte es irgendwo in der Soffitte und blieb das riesige schwarze Stofftuch zwischen Himmel und Erde hängen. Während die Protagonisten die Bühne betraten und mit Charme über die missliche Situation hinwegzuklettern versuchten, mussten Techniker des Hauses das Ungetüm per Hand zur Seite räumen.
Und als später, im zweiten Akt, der Darsteller des Grafen Friedrich von Telramund, kaum hatte seine böse Gefährtin Ortrud der naiven Elsa ihr Gift in die Seele geschüttet, den Satz «So zieht das Unheil in dieses Haus» in den Saal flüsterte, konnte man nicht mehr umhin, im Stillen zu denken: «Wohl wahr!»
Um es salopp zu sagen: Die Hütte brennt in Wiesbaden. Und dies nicht erst seit September. Der Konflikt zwischen der Intendanz und den künstlerischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf der einen und dem Geschäftsführenden Direktor auf der anderen Seite schwelte bereits eine halbe Ewigkeit. Mitte September kam es dann zum offenen ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt November 2023
Rubrik: Magazin, Seite 75
von Jürgen Otten
Wenige Regisseure haben Wagners Tetralogie gleich zweimal inszeniert. Götz Friedrich beispielsweise legte einen «Ring» für Covent Garden und einen weiteren für die Deutsche Oper Berlin vor. Am Royal Opera House startete nun mit dem «Rheingold» die neue Lesart von Barrie Kosky, der den «Ring» ab 2009 schon in Hannover inszenierung hatte.
Noch vor Beginn des...
Einer der besterhaltenen Theaterbauten des 18. Jahrhunderts, prachtverliebt und doch geschmackvoll, riesig für seine Zeit und zugleich intim, leuchtend in Blau und Gold und dennoch aus Holz, Zeichen höfischer Eitelkeiten wie des Bewusstseins für Vergänglichkeit – das ist das Markgräfliche Opernhaus in Bayreuth. Es war der 1748 von Markgräfin Wilhelmine eröffnete...
Diesmal lief alles nach Plan, nicht wie in Hamburg vor anderthalb Jahren, als die Premiere von «Il trittico» aufgrund eines Streiks zunächst verschoben und dann von empörten Besuchern lautstark gestört wurde. Der Regisseur hatte eine willkürliche Rahmenhandlung erfunden, und «O mio babbino caro» zitterte über die Saiten einer E-Gitarre. An Berlins Deutscher Oper...