Todessehnsüchtig
Insel der Glückseligen? Das Bild, das wir zu Beginn des dritten Aufzugs sehen, verheißt diesbezüglich wenig Gutes. Johannes Leiackers karge, von Olaf Winter raffiniert ausgeleuchtete Schwarzweiß-Bühne definiert Kareols Küste vielmehr als Ort einsamen Sterbens, als Gegenentwurf zu einer irgendwie gearteten positiven Utopie.
Zerborstene Bruchstücke jener riesigen Platte, die noch im ersten Teil über dem Boden schwebte (und so zum Menetekel der gewaltigen Gefühlsschwankungen wie zum Gefängnis für Isolde wurde) und dann im Liebesakt als gleichermaßen trennende Wand und Magnetfeld für die Liebenden emporragte, türmen sich zum granitschwarzen Scherbenhaufen. Zwischen den Brocken das angespülte schwarze Ruderboot und Tristan, nach innen gewendet, ohne Weltbezug, nur noch mit seiner Erinnerung konfrontiert.
Es ist eine traurige Erinnerung: Müde wandelt das Englischhorn mitsamt seiner melancholischen Melodie übers nebelverhangene f-Moll. Wie wichtig «diese alte Weise» für Tristan ist, verdeutlicht die Entscheidung Katharina Thomas, den Musiker Romain Curt auftreten zu lassen, als barfuß, im schwarzen Anzug ums karstige Gestein herumstreichende Figur. Die Regisseurin hat den Text genau ...
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Opernwelt März 2020
Rubrik: Im Focus, Seite 18
von Jürgen Otten
Wer in Verdis «Don Carlos» auf der Bühne den Wald von Fontainebleau, das Kloster San Yuste, den Platz vor der Kathedrale in Valladolid, das Zimmer des Königs oder Carlos’ Gefängnis erwartet, sitzt in Roland Schwabs Inszenierung im falschen Film. Der Blick trifft auf die nackten Betonwände eines fahl von kaltem Neonlicht beleuchteten Autotunnels, dessen Fluchtpunkt...
Peter Eötvös greift für seine Opernstoffe gern ins oberste Regal. Unter einem «Welttheater» tut der ungarische Komponist es kaum. Und wenn er dieses – wie in seinem Stück «Der Goldene Drache» – in einen heutigen Asia-Imbiss verlegt und das Geschehen mit kammermusikalischer Delikatesse unterlegt, geht der Plan, das große Ganze im Kleinen abzubilden, auch wunderbar...
Als das weitläufige Kulturzentrum, das seinen Namen trägt, im Februar 2017 den Betrieb aufnahm, war Stavros Niarchos schon 21 Jahre tot. Nach dem Krieg, in den 1950ern und 1960ern, hatte der in Athen aufgewachsene Unternehmer mit einer günstig erworbenen und weltweit eingesetzten Schiffsflotte, zu der zeitweilig 80 Tanker gehörten, Milliarden verdient. Wie sein...
