The House of Joy
Gott fährt Motorrad. Aber er benutzt es, sich seiner erhöhten (Sonder-)Stellung gewiss, nicht nur auf den dafür vorgesehenen Pfaden. Um die schöne Semele zu rauben, nimmt er ebenfalls den Zorn des Volkes in Kauf, das sich in einer schmucken Kirche zum, genau: Gottes-Dienst versammelt hat (Bühne: Tracy Grand Lord). Jupiter höchstselbst, denn von ihm geht hier die Rede, ficht das nicht an. Er hat sich mehr oder minder «unsterblich» in die thebanische Königstochter verliebt und raubt sie nun mitten aus der heiligen Versammlung, um sie ganz für sich allein zu haben.
Ein letzter fulminanter (oder sollte man sagen: lüsterner?) Dreher am Gaspedal, und schon braust das Paar in Windeseile aus der Kirche der Erstaunten hinaus ins flotte Leben.
Es ist zugegeben eine kecke, ja kühne Idee, das mythische, von Ovid im dritten Buch seiner «Metamorphosen» eine Spur vermenschlichte Sujet auf diese radikal rustikale Art und Weise zu deuten. Doch sie funktioniert, weil Thomas de Mallet Burgess und Jacqueline Coats für ihre Inszenierung von Händels 1744 im Londoner King’s Theatre am Haymarket herausgekommenem Oratorium «Semele» die Holy Trinity Cathedral zu Auckland in ein leibhaftiges House of Joy ve ...
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Opernwelt April 2023
Rubrik: CDs, DVDs und Bücher, Seite 31
von Jan Verheyen
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Sie waren, weit vor den genialischen Gespannen Mozart/Da Ponte, Verdi/Boito und Strauss/Hofmannsthal, vermutlich das erste Traumpaar der Musikgeschichte: Jean-Baptiste Lully, hochherrschaftlicher Hofkapellmeister des Sonnenkönigs, und Philippe Quinault, sein Librettist. Beide können mit Fug und Recht als Schöpfer der Tragédie lyrique gelten, jener aufreizend...
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