Strauss: Salome
Von ihrer Dramaturgie her kann der «Salome»-Neuinszenierung des Mannheimer Nationaltheaters ohne weiteres zugestimmt werden. Gabriele Rech überfrachtet die Vorlage nicht durch weit hergeholte Assoziationen. Zentraler Ansatzpunkt: Die Titelfigur ist kein sexbesessenes männermordendes Ungeheuer. Im Text ist bekanntlich keine Rede vom sadistischen Monster, und die leidenschaftlichen Akzente und subtil irisierenden Zwischentöne in Strauss‘ Salome-Musik wecken ohnehin andere Vorstellungen.
Rechs Salome ist Opfer einer dekadenten Gesellschaft, an deren Gleichgültigkeit sie leidet, Opfer ihrer lüsternen Mutter, einer skrupellosen Machtpolitikerin, und vor allem ihres Stiefvaters, eines in Angst lebenden Neurotikers und geilen Despoten, der sie seit ihrer Kindheit unaufhörlich belästigt. Rech verzichtet auf den Tanz der sieben Schleier. Stattdessen betritt ein kleines Mädchen in Brautkleid (das Kind Salome) die Bühne; Herodes nimmt es auf den Schoß und vergreift sich an ihm. Salome will ausbrechen aus dieser Umgebung, sehnt sich nach Liebe, hofft auf Erfüllung bei Jochanaan. Dieser vermag aber mit ihrer zügellosen, verzweifelten Erotik nicht umzugehen, und sie begreift seine religiöse ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Zwischen Farce und Drama liegt manchmal nur ein Augenblick. Ist die Stimmung gerade noch heiter überdreht, funkt plötzlich das böse Schicksal dazwischen und bringt alles auf Tragödienkurs. Die Lacher verstummen, die Mienen verdunkeln sich. Die Lust am schrillen Unsinn schlägt jäh in depressiven Tiefsinn um. Und doch kommt die Nähe des scheinbar Disparaten nicht...
Die Bühne der Nederlandse Opera zeigt die Welt als große Animal Farm, mit mehr Tieren, als der Komponist je hätte vertonen können. Nicht nur Füchse, Dackel, Mücken, Frösche und Grillen, sondern auch Pferde, Schweine, Marienkäfer, Raupen und Fliegen treten auf. Alle sind in sehr fantasievolles Outfit gekleidet, das gleichzeitig an Mensch und Tier erinnert. Der...
Es sind minus siebenundzwanzig Grad in Helsinki, der Schnee fällt schnell und schwer. Lange hält’s keiner draußen aus, schon gar nicht in Abendkleidung. Weil die Schneeberge empfindliches Schuhwerk ruinieren würden, hat die Nationaloper vorgesorgt: Schuhtaschen für jeden! An der Garderobe sitzen, hocken, stehen also rund zwölfhundert Menschen, um die Schuhe zu...