Steuermann oder Pultvirtuose?
Die Figur des heute vom Publikum wie von den Medien fetischisierten Dirigenten ist eine späte Erscheinung in der Aufführungsgeschichte der Musik. Zwei gleichzeitig erschienene Veröffentlichungen widmen sich jetzt dem komplexen Problemfeld – der aus einer Basler Ringvorlesung hervorgegangene, thematisch weit gespannte Band «DirigentenBilder. Musikalische Gesten – verkörperte Musik» und Martin Fischer-Dieskaus enger fokussierte Darstellung über den italienischen Sonderweg im 19. Jahrhundert.
Für die Autorinnen und Autoren des Basler Bandes ist der Dirigent im Sinne der modernen Medienwissenschaft ein «Musik-Darsteller», Dirigieren also immer zugleich ein «theatraler Akt»: «ein Tanz am Pult, der selber ästhetische Qualität besitzt und sich nicht auf bloße Funktionalität reduzieren lässt» – so die Herausgeber Arne Stollberg, Jana Weißenfeld und Florian Henri Besthorn in ihrem Vorwort. Das ist gewiss richtig, überhöht aber die Bedeutung des «Steuermanns» zum Pultvirtuosen und verengt sie damit zugleich auch wieder. Entsprechend diesem Ansatz stehen anthropologische Fragestellungen – Mimik, Gestik, Körperbilder, Körpersprache, Repräsentanz – im Zentrum auch der ...
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Opernwelt Januar 2017
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 31
von Uwe Schweikert
Große Massen auf leichten Füßen zu halten – das ist eine Kunst für sich. Der vereinigte Chor des Theaters Vorpommern und der Oper im Schloss Stettin ist eine beachtliche Masse, aber flotten Schrittes und stimmlich auf Zehenspitzen ziehen die Sänger als Edelleute in Wagners «Tannhäuser» auf die Wartburg. Die Choreinstudierung durch Malgorzata Bornowska und...
Obwohl ihre sängerische Laufbahn über vier Jahrzehnte währte und sie eine Vielzahl von Aufnahmen hinterlassen hat, ist der Name der großen kanadischen Altistin Maureen Forrester (1930-2010) wohl nur noch Kennern ein Begriff. Auf der Opernbühne hat sie nur wenige (allerdings markante) Spuren hinterlassen; ihre Welt war das Konzertpodium. Seit der Begegnung mit...
Die Stadt, welche die Römer «Felicitas Julia» nannten und in der (fast) immer die Sonne scheint, besinnt sich neuerdings wieder auf ihre glückliche Vergangenheit. Sogar das Teatro Nacional de São Carlos scheint sich, obwohl finanzielle Zwänge immer noch wie ein Damoklesschwert über der Kompanie hängen, von der Sparpolitik der letzten Jahre zu erholen.
Beispie...
