So leicht, so schön
Wagners «Tristan und Isolde», dieses weltverneinende, erotisch aufgeladene Opus metaphysicum, als Oper für Kinder? Dem jungen Regisseur Dennis Krauß gelingt das bei den Bayreuther Festspielen erstaunlich leicht, indem er das romantische Märchen herauspräpariert, das – von den «Meistersingern» abgesehen – eigentlich in allen Opern Wagners steckt. Weil die Kinder in der Kulturbühne Reichshof ebenso wenig wollen wie Brangäne, dass Isolde Tristan vergiftet, kriegen die beiden einen Liebestrank ab, der König Markes Pläne durcheinanderbringt.
Schließlich gibt es wie an jedem richtigen Hof auch an dem Markes fiese Intriganten wie Melot, der den edlen Ritter Tristan im Zweikampf verwundet. Doch ausgerechnet, als alles wieder gut werden könnte, weil sich herausstellt, dass der vermaledeite Liebestrank schuld war, muss Tristan sterben. Was das Märchen zu einem traurigen macht.
Was man hier als Erwachsener lernen kann, ist, dass in dieser «Handlung in drei Aufzügen» doch mehr äußere Handlung steckt, als man im Lauf der Jahre hinter all den philosophischen Schichten zu sehen verlernt hat. Denn Krauß, ausgebildet an der Berliner Musikhochschule «Hanns Eisler» und mit ersten eigenen Arbeiten in ...
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Opernwelt September/Oktober 2021
Rubrik: Festspiele Bayreuth, Seite 22
von Michael Stallknecht
Mit Zaubertränken ist das so eine Sache: Man muss dran glauben, sonst wirken sie nicht. In Bad Wildbad wurde ein solcher gereicht, verdienst- und eigentlich reizvoll, die «Moderne Erstaufführung» von Daniel-François-Esprit Aubers «Le philtre», dem «Liebestrank». Ist es nun Segen oder Fluch, dass man beim Hören ständig das emotional aufgeladenere, elegantere...
«Di Lete all’altra sponda, ombra compagna anch’io voglio venir con te», sehnt sich Andromeda am Leichnam des Perseus. Es ist die unauslöschliche Hoffnung eines Menschen, dem das Liebste genommen wurde: dass der Abschied nicht endgültig sei, dass es vielmehr gestattet werde, den Heimgegangenen als Schatten zum anderen Ufer der Lethe zu begleiten. Lisette Oropesa hat...
Wirklich furchterregend ist das Biest, das da, aus der Bühnentiefe des Festspielhauses geschlüpft, über einen hinwegbraust, auf mächtigen Schwingen, mit grünem Schuppenkleid und einem Maul voll gezackter Zähne, aus dem Feuerstrahlen schießen. Wie sich halt Richard Wagner seinen Drachen dachte, der schon zur Uraufführung des «Siegfried» nur unvollständig realisiert...