«Singen ist Sport genug!»
Frau Fassbaender, Sie haben einmal in einem Interview gesagt: «Ich habe ein schlechtes Gewissen beim Nichtstun, vielleicht kann ich mir das abgewöhnen.» Sind schon Fortschritte erkennbar?
Nein. Ich bin immer noch rastlos, auch in den Ferien. Da ich eingedeckt bin mit Inszenierungen, hört die Kopfarbeit nicht auf. Das finde ich ja gut! Immerhin: Ich bin so weit, dass ich manchmal abschalten kann. Aber ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich brachliege.
Und das war schon immer so?
Immer. Wenn man singt, gibt es ohnehin kaum Ruhepausen.
Insofern kommt man aus der Tretmühle selten raus – es sei denn, man schafft sich bewusst und mit Nachdruck Regenerationspausen.
Braucht man die als Regisseurin vielleicht noch mehr?
Vor allem braucht man Zeit zur Vorbereitung. Der «Ring», der gerade für Erl entsteht, hält mich ständig in Atem.
Sind Sie auch einmal mit sich zufrieden?
Ich? Zufrieden? Nie! Aber der «Ring» zum Beispiel ist eine Art Work in Progress. Wenn er 2024 komplett gezeigt wird, werden alle Stücke nochmals durchgearbeitet. Auch wenn ich nie zufrieden bin: Ich bin dankbar und froh, dass es bis jetzt so gut gelaufen ist. «Unzufriedenheit» bedeutet im Übrigen nicht unbedingt ...
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Opernwelt 12 2022
Rubrik: Interview, Seite 56
von Markus Thiel
Wann haben Sie zuletzt in der Oper geweint?
Ich habe ganz schrecklich geweint in der «Jenůfa»-Inszenierung von Calixto Bieito in Stuttgart – nicht ahnend, dass ich kurz darauf in genau dieser Produktion als Jano debütieren sollte. Danach eher selten. Gut, Rodolfos «Aufschrei» ist schon herzzerreißend. Und manchmal bin ich auch nahe der Rührung, weil Musik ab und an...
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