Sehnsucht nach Stille

Ihre eigenen Aufnahmen hört sie sich nicht mehr an. Überhaupt ist die Musik für sie ein abgeschlossenes Kapitel. Im März feierte Christa Ludwig ihren 90. Geburtstag. Ein Gespräch über Anfänge und Abschiede, die Mutterschule und unglückliche Ehemänner, fordernde Dirigenten und gefährliche Ausflüge sowie die Moderne von der Kochplatte

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Den Titel ihres kürzlich erschienenen Memoirenbandes darf man durchaus als Lebensmotto verstehen: «Leicht muss man sein». Der Versuchung, sich das (ihr von Karl Böhm, Bernstein, Karajan und anderen angetragene) hochdramatische Fach zu erobern, hat sie widerstanden. Als Elvira, Dorabella, Carmen, Adalgisa, Octavian oder Marschallin aber – um nur einige ihrer Glanzpartien zu nennen – verzauberte Christa Ludwig das Publikum mit einer noblen, sinnlichen, durch Krisen gereiften Mezzostimme, die scheinbar mühelos feinste Ausdrucksnuancen bewältigte.

Vor einem Vierteljahrhundert hat sie sich von der Bühne zurückgezogen. Was bleibt? Ihre Kunst auf Tonträger – und ein unverstelltes Strahlen von innen


Frau Ludwig, Ihr Abschied von der Bühne liegt lange zurück, fehlt Ihnen nichts?
Ich habe beherzigt, was meine Mutter gesagt hat: «Bedenke, dein Beruf ist nur Theater.» Ich kann auch ohne Gesang, Oper und Theater leben. Es war sehr schön, dass ein Kritiker damals geschrieben hat: «Warum hört sie auf?» Das ist doch viel besser, als wenn es geheißen hätte: «Was, die alte Kuh singt immer noch?»

Ihr Abschiedskonzert im Wiener Musikverein kann man auf YouTube finden. Sogar die Zugabe ist dabei, ...

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Opernwelt Jahrbuch 2018
Rubrik: Christa Ludwig, Seite 78
von Regine Müller

Vergriffen
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