Schlüsselerlebnis
Für eine gute «Salome»-Aufführung ist man immer dankbar. Die Dauer von nicht einmal zwei Stunden, das gesamte Richard-Strauss-Instrumentations- und Pathos-Paket (samt sarkastischer Fagott-Soli), die klare Geschichte. Sicher, keine Hoffnung, nirgends. Dafür Dekadenz, Fieslinge, ein Proto-Jesus, eine junge Frau am Rande des Nervenzusammenbruchs. Am Pfalztheater Kaiserslautern setzt Regisseur Urs Häberli die gesamte Personage in eine Art Riesenschüssel; ein Trichter, auf halber Höhe bespielt, vielleicht so etwas wie ein ausgedienter Atombunker.
Schon dieses Bühnenbild (Thomas Dörfler) macht großen Spaß. Denn in der Mitte sehen wir eine Art umgedrehten Riesenkrug, dessen Hals sich in der Mitte öffnet und den Jochanaan-Kerker zeigt, in den man tatsächlich hineingehen kann. Zwei Brücken führen zu jeweils einer Tür rechts und links dieses abgewrackten Herodes-Palastes. Salome jedoch kauert zu Beginn noch oben rechts, auf dem symbolisch ausgefransten Rand, und betrachtet den (semantisch vieldeutigen) Mond. Schade nur, dass dieser sich nicht sukzessive im Rahmen der Aufführung bewegt; es würde die Real-Zeit-Horizontale der Oper noch fataler bebildern. Erst am Ende wandert das Gestirn ganz ...
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Opernwelt 8 2022
Rubrik: Panorama, Seite 42
von Arno Lücker
Erklingt in diesen Tagen auf einer Opernbühne der «Patria-oppressa!»-Chor aus Giuseppe Verdis «Macbeth», dann «inszeniert» ein Diktator wie Wladimir Putin mit, ganz gleich, was dabei zu sehen ist. Verstärkt wird dieser unangenehme Eindruck noch, wenn, wie zu Sommerbeginn am Theater Freiburg, ein ukrainischer Regisseur das Stück zu deuten versucht. Andriy Zholdak...
Inzwischen kann man die «Turandot» ruhig die «Königin der Opern» nennen. Ein Wohlfühlevent, auf das sich alle einigen können; das Stück, mit dem man bei der Jugend am ehesten frische Begeisterung fürs Genre erzeugt, eine Art Lunapark, mit einer nie unterbrochenen Ohrwurmdichte, die es auch Anfängern ermöglicht, die wichtigsten Melodien und Motive der Partitur...
Alles schwarz, so schwarz wie meine Kleider. Alles schwarz, ich seh‘ nichts andres, leider.» So sang die bekanntlich aus ehemaligen Thomanern bestehende Band «Die Prinzen» auf ihrem schönen Album «Schweine» aus dem Jahr 1995. In dem Song geht es, anders als die Worte es intendieren, überhaupt nicht um irgendeine «Schwarzmalerei» oder um «Krise». Doch wollen wir ja...