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«Ich sitze in dem kleinsten Zimmer in meinem Hause. Ich habe Ihre Kritik vor mir. Im nächsten Augenblick wird sie hinter mir sein!»

Eigentlich, dachte ich, kann so ein Zitat nur von jemandem wie Mark Twain stammen. Barbra Streisand hat es fälschlicherweise George Bernard Shaw zugeschrieben. Umso erfreulicher war für mich die Entdeckung, dass hier der asketische Fugenmeister Max Reger spricht.

Süße Rache dieser Art ist heute keine praktische Option mehr – noch ein Indiz für die kulturelle Verarmung durch das Internet! In Deutschland mögen die Tugenden der Aufklärung noch hochgehalten werden, aber in vielen anderen Ländern muss man sich schon gehörig anstrengen, um in der Tagespresse überhaupt noch Opernkritiken zu finden.

Was gut ist: Als reines Informationsmedium ist das Rezensionswesen heute überflüssig. Was gerade los ist, kann das Publikum problemlos im Netz erfahren – um sodann in dem geistlosen Geschwätz abzutauchen, das in den likes und comments siedelt.

Dem Kritiker bleibt die Möglichkeit, in der Fülle des Geschehens Zusammenhänge, Trends oder Bewegungen auszumachen, die der einzelne, stets auf den jeweiligen Gegenstand konzentrierte Künstler womöglich gar nicht sieht. Aber ...

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Opernwelt Jahrbuch 2020
Rubrik: Wozu Musikkritik?, Seite 111
von David Pountney

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