Rimsky-Korsakow: Der goldene Hahn
Russisch-orientalisches Märchenspiel oder politische Farce? Rimsky-Korsakows «Goldener Hahn» bietet die beiden Schichten fast deckungsgleich, und so stellt sich für jeden Regisseur die Frage, ob das eine, ob das andere auf der Agenda steht. Die Versuchung des Politischen ist meist größer als die des Märchens. So auch in Kassel, wo Andrea Schwalbach die Oper ins provisorische Kuppeltheater brachte. Das Rund des Zuschauerraumes wird auf der Bühne aufgenommen, wo sich die Tribünen in Form roter Sessel fortsetzen und zum Kreis schließen.
Die Adepten des Zaren lesen die Morgenpresse, auf der das Konterfei des Herrschers prangt. Endzeitstimmung.
Der Hahn, von dessen tierischem Wesen nur noch ein hennaroter Schopf übrig ist und der statt in einem Käfig auf einem hinauffahrbaren Regiestuhl Platz nimmt, wird als Erlöser willkommen geheißen. Märchenhaftes ist in die Träume des Herrschers zurückgedrängt. Erst die aus einer Blume erscheinende Königin von Schemacha mischt den Laden auf, führt sie doch einen Trupp Mädchen aus dem Rotlichtbezirk mit sich – mit dem gewünschten Erfolg: Der Zar wird ihr hörig. Zwar tut der Hahn seinen Dienst und lässt die Feinde verschwinden, doch der Zar hält sich ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Es geht wieder einmal um eines seiner Lieblingsthemen: um Emigrantenschicksale, um Verbannung und Heimkehr. Wie bereits in «Semiramide», in «Emma di Resburgo», «Margherita d’Anjou» oder «Il crociato in Egitto» behandelt Meyerbeer auch in «L’esule di Granata» einen in seiner Motivik vertrauten Stoff: Almanzor, Herrscher von Granada, ruft die verbannten Abenceragen...
Das Bühnenbild von Hans Dieter Schaal spielt auf höchst originelle Art mit der Doppelbödigkeit des Stoffs: Die linke Bühnenhälfte zeigt mehrfache Verglasung und ein blendend weißes Stiegenhaus. Das Innere eines modernen Gebäudes, einer psychiatrischen Klinik vielleicht. Rechts hat Paul, die Hauptfigur, in seiner fetischistischen Trauer um seine verstorbene Frau...
Wer Mozart lieblich, gefällig, verspielt, anmutig, gar hübsch fände, den sollte der Lortzing holen, schrieb der legendäre Wiener Publizist Hans Weigel bereits vor vierzig Jahren. Zwar tat er damit dem Komponisten der «Regina» Unrecht, doch dürfte dieser Satz bei Nikolaus Harnoncourt schon damals ein grimmiges Lächeln hervorgerufen haben. Denn der Dirigent wehrte...