Raumfüllend, von Tür zu Tür

Levine und die Münchner Philharmoniker mit Bartóks «Blaubart»

Wenn Levine die Keule auspackt, steht das Orchester stramm. Wenn gegen Ende des Prologs und vor Eintritt in die erste Tür Béla Bartók kurze, knackige Crescendi fordert, wenn hier das bange Ende von «Blaubarts Burg» im Zeitraffer vorweggenommen wird, hält die Neuaufnahme mit den Münchner Philharmonikern treffliche Momente bereit.
Auch wenn bei der «siebten Tür» das ­Orchester zum Tutti anwächst, um kurz danach wieder an die Grenze zur Stille zurückzuführen, hat sie Klasse.

Dazu röchelt – sehr authentisch – ein um Fassung ringender John Tomlinson als Blaubart, der zuvor mit markiger Stimme den Führer durch sein Schloss gemimt hatte. Ein Blaubart, der nie eine wirkliche Liebe zu Judith zu spüren scheint, bei dem stets die Autorität durchscheint: Tomlinson gelingt ein stimmiges Rollenporträt mit klarer Deklamation und kurzen, tiefen Staccatotönen, die die Wucht von Nadelstichen haben. Die Konzeption der Figuren verlangt von Judith mehr Leidenschaft. Die bulgarische Mezzosopranis­tin Kremena Dilcheva – anno 2004 im Bayreuther «Parsifal» zu erleben – lebt das zur Genüge aus. Als sie die fünfte Tür erreicht, stößt sie einen gellenden Laut aus, raumfüllend, von einem fulminanten Orchester ...

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Opernwelt Januar 2005
Rubrik: Platten, Seite 61
von Christoph Vratz

Vergriffen
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