Rameau: Dardanus
Trier liegt nur einen Katzensprung von Frankreich entfernt, und doch dauerte es nach der Gründung des Theaters 206 Jahre, bevor erstmals eine Oper von Jean-Philippe Rameau aufgeführt wurde. Mit «Dardanus» kam die Renaissance des französischen Barock-Komponisten nun auch in der unmittelbaren Nachbarschaft an. Gespielt wurde eine Mischfassung aus Rameaus diversen Bearbeitungen, inklusive des ursprünglichen Prologs in der Götterwelt, aber mit massiven Strichen bei den Ballett-Zwischenspielen – musikalisch ein Verlust, für die Flüssigkeit der Aufführung eine kluge Entscheidung.
Dem Libretto mit seiner sagenhaften Handlung um Liebe, Pflicht, Macht und die Gunst der Götter kann man auf zweierlei Weise zu Leibe rücken: Entweder macht man ein turbulentes Spektakel daraus, was womöglich den Unterhaltungswert erhört, aber zu Lasten der Musik geht. Oder man nutzt das Prinzip der Minimalisierung und Konzentration. Regisseur Wolf Widder und sein Bühnenbildner Michael Goden entschieden sich für eine strenge, konsequente Stilisierung. Eine kühle Säulenhalle als Einheitshintergrund, die Szenenwechsel durch kleine Accessoires angedeutet. Schwarze Stühle für den Palast der Venus, wo das Vorspiel ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Das letzte Bild ist das berührendste. Allein mit seinem Sohn sitzt Godunow im weißen Nachthemd auf der leeren Bühne. Sein auf der Stufenpyramide abgelegter Goldmantel rahmt die Szene ein wie eine Ikone, sein golden gefärbtes Gesicht ist erstarrt: ein gebrochener Mann. Matti Salminen gestaltet Boris’ finalen Monolog mit existenziellem Ausdruck. Auch in den...
Immer wieder «Katja Kabanova», «Jenufa», auch «Die Sache Makropulos» und «Aus einem Totenhaus»: Leos Janácek hat noch andere Opern geschrieben, die auf unseren Spielplänen viel zu selten erscheinen und die in mancherlei Beziehung beinahe interessanter sind als die genannten Werke, weil sie in ihrer scheinbaren Brüchigkeit und Uneinheitlichkeit vielfältige Einblicke...
Wer im späten 19. Jahrhundert nördlich der Alpen Musik für die Bühne schrieb, kam um Wagner nicht herum. Mitunter hatte dies zweifelhafte Folgen: Mancher Spätgeborene ging vor den unendlichen Melodien des Bayreuther Meisters in die Knie. Chromatik light, Mischklang secondhand, geliehene Leitideen statt genuin eigener Töne. Zu den vergessenen Wagner-Epigonen jener...