Pontifex maximus

Ins Gehege der Vorklassik hat sich der «Dirigent des Jahres» nie einsperren lassen: Schon früh entdeckte John Eliot Gardiner auch Gluck, Mozart, Rossini, Berlioz. Dennoch bleibt Monteverdi für ihn das Maß aller Dinge

Geschlossene Gesellschaft, ein Zirkel nur für Eingeweihte. Nichts jedenfalls für Dilettanten und den Plebs. Auch weil diese Versuchsanordnung im Gonzaga-Palast weniger Kulinarik als intellektuelle Befriedigung versprach. Ein neues Genre galt es schließlich in Mantua zu beobachten und zu feiern, das sich am 24. Februar 1607 im «L’Orfeo» materialisierte und manifestierte. Vor diesem Hintergrund ist die Nachschöpfung hochauthentisch, «historisch informiert», wenn man so will: das Orchester auf der Bühne, gerahmt von einem Laufsteg für die kostümierten Solisten.

Und mittendrin ein Hocker für den Prinzipal – Monteverdis Theatralik, so dieser überwältigende Beweis, braucht keine Maschinen, keinen Zierrat.

«Halbkonzertant», diese Einordnung gilt daher nur bei oberflächlicher Betrachtung, wo der singende, spielende, interagierende Mensch zur Hauptsache wird. Ob «L’Orfeo», «Il ritorno d’Ulisse in patria» oder «L’incoronazione di Poppea»: Stets bewahrte John Eliot Gardiner dieses Grundkonzept für seine weltweit akklamierte Monteverdi-Tournee. Gestartet wurde in Aix-en-Provence, weitere Stationen waren unter anderem Venedig, Luzern, Berlin, New York und Salzburg. Es war Gardiners größtes ...

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Opernwelt Jahrbuch 2018
Rubrik: Bilanz, Seite 114
von Markus Thiel

Vergriffen
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