Ohne Widerlager
Stanislaw Lem sah die vielen Bearbeitungen seines Sci-Fi-Romans «Solaris» von 1961 mit Skepsis. «Alles Interessante an meinem Roman bezog sich auf das Verhältnis der Menschen zu diesem Ozean als einer nicht-humanoiden Intelligenz – nicht auf irgendwelche zwischenmenschlichen Liebesgeschichten», bemerkte er 2001 zu Steven Soderberghs Verfilmung. Selbst Tarkowskis ungleich bedeutenderer Film (1972) missfiel ihm.
Die Darstellung des Ozeans, der die gesamte Oberfläche des Planeten Solaris bedeckt, ist in der Tat der Knackpunkt.
Er ist ein Wesen von überlegener, ja gottgleicher Intelligenz und kreativer Potenz – die Objekte und zoomorphen Formen, die er unentwegt hervorbringt, können Worte durchaus, die Mittel eines Bühnen-Illusionismus eher weniger fassen. Dai Fujikura und sein Librettist, Regisseur und Choreograf Saburo Teshigawara wollten sich auf den «abstrakten» Kern des Textes, das philosophische Argument, konzentrieren. Doch auch sie hielten sich letztlich ans Menschlich-Greifbare: die Beziehung zu den «Besuchern», Emanationen des Ozeans, die früheren Bezugspersonen der Betroffenen täuschend nachgebildet sind. Stellvertretend gibt es hier nur eine Besucherin, Hari, die Frau des ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt April 2015
Rubrik: Panorama, Seite 43
von Ingo Dorfmüller
«Tut wu-a yeri enti / Waa wau yeri wenenet.» Schon die Sprache schafft Distanz. Echnaton, der Pharao mit den radikalen Ideen und der unstillbaren Sehnsucht nach dem Licht, preist den Schöpfer der Dinge und des Lebens, der die Menschen mit seinen Augen und die Götter mit seinem Mund schuf, (meist) in altägyptischer Sprache: «Perer en rem em yertif / Cheper netscheru...
Ein Orang-Utan-Weibchen, durch Käfighaltung, Transporte und Tierversuche geschunden, der rechte Oberarm aufgerissen, der Blick leer, das Haar so dünn, dass die Kopfhaut durchscheint – dergestalt zeigt sich die Zauberin Alcina am Ende von Georg Friedrich Händels gleichnamiger Oper. Kein glitzerndes Paillettenkleid von Louis Désiré, keine Strasssteinmaske für Stirn...
Natürlich muss man im Musiktheater keine Geschichten mehr erzählen. Und natürlich darf ein Regisseur einfach mal seinen musikalischen Vorlieben frönen, statt immer nur Händel, Verdi oder Alban Berg szenisch nachzulaufen. Der in den Niederlanden lebende israelische Theatermacher Sharon Minailo liebt die isländische Pop-Ikone Björk, ihre schräge Garderobe und die...