O und E und der Gau
Im StaatenHaus, der Ausweichspielstätte der Kölner Oper, sieht es aus wie in einem Atommüll-Lager. Die Ausstatterin Patricia Talacko nutzt die Nähe zwischen Publikum und Kunst und bettet das Zuschauerpodest zwischen weiße Plastiksäcke. Noch nie wirkte Weiß so giftig. Mit gespitzten Ohren ist zu erahnen, dass das nervige Gemurmel im Hintergrund aus Lautsprechern kommt. Die INES-Skala wird verlesen: Jene Skala, nach der Störfälle in Kernkraftwerken gemessen werden und nach der auch diese Oper benannt ist. Es geht um die höchste Zahl der Skala: 7.
Es geht aber auch um O und E, die aktualisierten Versionen von Orpheus und Eurydike. Es geht um Liebe, Trauer und Verlust und darum, eine alte Erzählung zu nutzen, um für das mittlerweile zur Hülse gewordene Wort «Katastrophe» eine neue Bedeutung zu finden: wenn Fotos von Schatten (das ist alles, was die Atombombe von Menschen in Hiro -shima hinterlassen hat) oder von gespenstischen Landschaften in der «Dark Tourism»-Hochburg Tschernobyl im überreizten Gegenwartsmenschen kaum mehr auslösen als ein bisschen Schauer.
Das fragmentarisch angelegte, sprachlich mitunter recht trockene Libretto der Regisseurin Katharina Schmitt benutzt der ...
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Opernwelt August 2024
Rubrik: Panorama, Seite 42
von Anna Chernomordik
Ein Triple infernale, zumindest für das Münchner Publikum: Krzysztof Pendereckis «Die Teufel von Loudun» bei den Opernfestspielen 2022, Bratt Deans «Hamlet» im vergangenen Jahr – und nun «Le Grand Macabre» von György Ligeti. Das ist schwer verdauliche Kost, die Intendant Serge Dorny da jeweils zum Auftakt des Festivals serviert(e). Zumal an einem Ort, wo der...
Tenor oder Bariton, das ist hier die Frage. Und als solche nicht ganz so leicht zu beantworten, wie es sich mancher Purist mit ausgeprägter Neigung zu hohen Stimmen vielleicht wünschte. Denn wo in anderen Fällen der Wille des Komponisten als ultima ratio zu gelten hat, ist bei Jules Massenets Drame lyrique «Werther» die Faktenlage etwas uneindeutig. Zwar...
Das ist ein genialer Kerl», notierte Alma Mahler in ihrem Tagebuch. Gemeint war jedoch nicht ihr Gatte Gustav, mit dessen Musik sie lebenslang fremdelte, sondern die Jugendliebe Alexander Zemlinsky. Während seine Opern «Eine florentinische Tragödie» und «Der Zwerg» mittlerweile regelmäßig auf den Bühnen zu erleben sind, war eine Erinnerung an sein letztes...