O Sole Mio!
Wie oft bewährt sich die Kunst eines großen Sängers in Liedern, die schwerlich als «groß» zu bezeichnen sind – wie zum Beispiel in jenen Canzoni Napoletane, die, wie Adorno in seiner Musiksoziologie (1962) feststellte, «zwischen Kunstlied und Gassenhauer wunderlich die Mitte halten». Die Frage, ob sie im Verlauf des 20. Jahrhunderts diesen Charakter behalten haben, ist neu zu stellen mit Blick auf das Debütalbum von Freddie De Tommaso.
Es trägt den Titel «Passione» und versteht sich als Hommage an den vor 100 Jahren gestorbenen Enrico Caruso, die vor 100 Jahren geborenen Giuseppe Di Stefano, Mario Lanza sowie an Franco Corelli. Der anglo-italienische Tenor soll sich, wie es im Geleitwort zur CD heißt, als «future Prince of Tenors» beweisen, somit auch als Erbe. «Was Du ererbt von Deinen Vätern», so Goethes goldene Regel, «erwirb es, um es zu besitzen».
Zur Orientierung ein Rückblick. Die Canzoni Napoletane, seit den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts für die Festa di Piedigrotta geschrieben, die Feier der Geburt der Madonna, wurden zunächst bei sogenannten Cafés chantants gesungen. Für die Verbreitung sorgten wandernde Musiker (posteggiatori), die mit Zylinderklavieren ...
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Opernwelt September/Oktober 2021
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 54
von Jürgen Kesting
Mit einem enormen Programm spielt das Festival d’Aix-en-Provence wieder vor vollen Rängen: Simon Rattle beleuchtet Wagners «Tristan» ganz neu und wird anstelle von Simon Stone zum eigentlichen Regisseur. Dafür findet der australisch-schweizerische Regisseur beeindruckende Bilder für Kaija Saariahos fünfte Oper «Innocence», die er gemeinsam mit Susanna Mälkki aus...
Vor 75 Jahren, ein Jahr nach Ende des Zweiten Weltkriegs, ließen im Sommer einige Kulturhungrige am Bodensee nahe dem Ufer in Ermangelung einer intakten Spielstätte zwei Kieskähne zusammenspannen: Auf dem einen saß das Orchester, auf dem anderen agierten Sänger und Tänzer, gegeben wurden Wolfgang Amadé Mozarts Schäferspiel «Bastien und Bastienne» sowie als Ballett...
Er sei zu den Proben ins Theater geflogen, sagt Evgeny Titov und breitet die Arme aus. «Ich war diese Wochen durchweg glücklich. Das Ensemble und ich, wir waren wie eine Blutgruppe.» Sechs Kilo habe er abgenommen während der Zeit. Vermutlich, weil er auf der Bühne permanent auf maximalem Energielevel schwingt, selbst in jede Rolle einsteigt und das Ensemble mit...