Der doppelte Blick

Mit Oksana Lyniv dirigiert erstmals eine Frau bei den Bayreuther Festspielen. Aufregend ist ihr «Fliegender Holländer» aber aus ganz anderen Gründen

Opernwelt - Logo

Es hat lange gedauert. Zu lange. Doch die verkrusteten Strukturen in Bayreuth verhinderten es selbst noch in jüngerer Vergangenheit, dass eine Frau in den mystischen Abgrund hinabsteigen durfte. Nun, endlich, war es soweit, Oksana Lyniv dirigierte den «Fliegenden Holländer», äußerst kritisch beäugt. Tradition ist eben immer noch ein Wort am Grünen Hügel. Katharina Wagner hat alle Hände voll zu tun, um die Festspiele einem Wandel zu unterziehen. Mit dem multiperspektivischen «Ring 20.21» ist ihr ein verheißungsvoller Auftakt gelungen.

Doch das reicht bei Weitem nicht, um den von ihr gemeinsam mit Marie Luise Maintz angestoßenen «Diskurs Bayreuth» fortzuführen. Gleichviel: Eine erste Marke ist gesetzt. Immerhin.

Bis zum Überdruss ist es ausgeschlachtet worden: Mit Oksana Lyniv dirigiert erstmals eine Frau bei den Bayreuther Festspielen. Über den neuen »Holländer« ist damit rein gar nichts gesagt. Um zu verstehen, warum er musikalisch so aufregend gelang und was Oksana Lyniv damit zu tun hat, ist eine kurze Erinnerung nötig. Wagners Bonmot, er sei der Welt noch einen «Tannhäuser» schuldig, gilt genauso für den «Holländer». Was 1843 in Dresden uraufgeführt wurde, war schon eine ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt September/Oktober 2021
Rubrik: Festspiele Bayreuth, Seite 16
von Stephan Mösch

Weitere Beiträge
Nachtgestalten, nackt

Dass der Leipziger Autor Clemens Meyer ein schrill-schräger und ziemlich schlauer Typ ist, weiß jeder, der seine Romane gelesen hat. Dass er nun aber auch eine Karriere als Moderatorin eines durch den Äther gleitenden Raumschiff-Senders eingeschlagen hat, das war bislang unbekannt. Lady Ecki nennt sich die freche Plaudertasche im plastikgoldenen Kleid und mit...

Arbeit am Mythos

Eine putzige Anekdote über den kleinen Peter Tschaikowsky geht so: Das elsässische Kindermädchen ertappte seinen Schützling eines Tages, wie er vor einem Atlas kniete und die Länder Europas als die Feinde Russlands bespuckte. Von der Französin zurechtgewiesen, dass man so etwas nicht tue, antwortete der Junge verschämt, er habe beim Spucken Frankreich mit seinen...

Vollendet das ewige Werk

Die Trachtenjanker und Gamsbärte, die Dirndl und kunstvoll gezwirbelten Flechtfrisuren im Publikum gibt es nicht mehr. 1998 konnte man sie noch bewundern, als dieses Event wie ein Ufo in dem Tiroler Dorf unweit des Inns landete und dabei das Passionsspielhaus in Beschlag nahm. Doch Wagners «Rheingold» als Gründungsstück der Tiroler Festspiele (damals mit Albert...