Nicht ohne meine Tochter
Von Friedrich Schiller stammt der schöne Satz, ernst sei das Leben, heiter sei die Kunst. Schon seine Herkunft verrät die Doppeldeutigkeit des Gemeinten, schließlich beschließt er den Prolog zu Schillers dramatischem Gedicht «Wallensteins Lager», einem Stück, dessen Heiterkeit sich in überschaubaren Bahnen hält. Interessant aber ist gerade die eingeschraubte dialektische Volte: Beides, das Leben wie die Kunst, ist sowohl das eine wie, als kapitales Gegenbild, das andere.
Wie beides glückhaft ineinander gedacht werden kann, und wie darüber hinaus musikalische, szenische und dramaturgische Geste zusammenwirken können, belegt Peter Konwitschnys geniale Inszenierung von Richard Wagners «Walküre» an der Oper Dortmund.
Konwitschny und seine Dramaturgin Bettina Bartz haben das Stück sehr genau gelesen, jedes Wort auf seine Bedeutung, sein semantisches Gewicht und auch seine Ambivalenz hin untersucht. Dieses minuziöse Textstudium überführt der Regisseur in eine Geschichte, in der vor allem zwei Topoi (die maßgeblich für das Werk selbst sind) in eine musikalisch untermauerte szenische Realität, die Hegels Herr-Knecht-Dialektik in den Mittelpunkt all dessen rückt, was geschieht: zum einen ...
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Opernwelt 7 2022
Rubrik: Im Focus, Seite 4
von Jürgen Otten
Der Dichter spricht. Und mahnt: «Herr: Es ist Zeit.» Angesichts der gegenwärtig so unbarmherzigen Geschehnisse kommen dem Nachdenklichen Rilkes bekannte Zeilen in den Sinn. Wobei man sich auch fragen mag, ob die dominierende materialistische Ausrichtung unseres Lebens und Denkens nicht für die Krisen (Klima, Krankheit, Krieg) zumindest mitverantwortlich ist. Auf...
Man liest es und staunt. «Angelica diabolica». Ist das nicht eigentlich ein Oxymoron, gewissermaßen eine contradictio in adiecto? Nicht nur, dass man sogleich Puccinis sehnende Schwester im Sinn hat, die von allem möglichen besessen sein mag (vor allem von der tatkräftigen Liebe), nicht aber vom Teufel: Schon das reine Wort hat doch eigentlich einen Engel im Sinn....
So etwas gibt es. Alle machen alles irgendwie richtig, und trotzdem fehlt am Ende etwas. Im Falle der neuen Oper des französischen Komponisten und Organisten Thierry Escaich ist das so. Escaich brachte 2013 seinen Erstling «Claude» (auf ein Libretto des ehemaligen französischen Justizministers Robert Badinter) in Lyon heraus – eine musikalisch wie szenisch...