Mit Schirm, Schwarm und Melone
Magisch flirren kann der Beginn des «Lohengrin», flageolettfarbene Sphärenmusik sein. In Bern geht das erst mal schief – weil eine der Violinen um Haaresbreite danebenliegt. Erst als die Holzbläser und die tiefen Streicher den Klang grundieren, erfasst ein Sehnsuchtssog das Orchester wie eine geheime Tiefenströmung. Mario Venzago kann das, kein Zweifel. Der Chef des Symphonieorchesters hat eine Vision für dieses Stück. Beweglich, transparent zu musizieren, quasi kammermusikalisch.
Und oft gelingt das, auch wenn manches klappert: Dass die letzte Wagner-Großtat, «Parsifal», 25 Jahre her ist, der letzte «Lohengrin» sogar schon 61 (Wolfgang Windgassen sang damals die Titelpartie), ist nicht ganz zu überhören.
Auf der Bühne steht ein hohes schwarzes Haus. Vor blauem Grund mit weißen Wolken – der Regie führende Hausherr Stephan Märki und seine Bühnenbildnerin Olga Ventosa Quintana zitieren den Surrealisten René Magritte. Im einzigen Fenster lehnt Elsa und lässt rapunzelhafte Blicke schweifen, während unten – Schirm, Schwarm und Melone – der Chor aufmarschiert. «Seht hin! Sie naht, die hart Beklagte!», raunt konsonantenreich der uniforme Trupp. Die Beklagte aber zieht die Läden zu: Flucht ...
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Opernwelt Dezember 2015
Rubrik: Panorama, Seite 37
von Wiebke Roloff
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