Mit Christus in die Kantine
Aus und vorbei! Mit Louis Varneys «Les Mousquetaires au couvent» von 1880 ist die Ära Jérôme Deschamps an der Pariser Opéra Comique zu Ende gegangen. Der Intendant gönnte sich aus diesem Anlass das Vergnügen, wieder mal zu zeigen, dass er vor allem Künstler ist: Nicht nur zeichnet er für die Regie verantwortlich, er übernahm auch die Sprechrolle des Gouverneurs. Die Inszenierung verbindet gekonnt klassische Kostüme und ein modernes Bühnenbild, die Szenen sprühen vor Witz, ohne je ins Vulgäre abzugleiten, die Gags sind treffsicher platziert.
So bebt der Zuschauerraum vor Lachen, als Christus vom Kreuz steigt, um mal eben mit den Nonnen in die Kantine zu gehen. Und Deschamps ist unwiderstehlich als Schauspieler: eine Art französischer Otto Schenk mit Perücke, in dem die Tradition der Comédie Française mit dem ironischen Geist seines eigenen Theaterensembles «Les Deschiens» zur Synthese kommt. Ähnlich zwerchfellerschütternd war schon sein Comedy-Auftritt anlässlich der 300-Jahr-Feier seiner Opéra Comique geraten – da versuchte er sich in der Originalkostümierung von 1902 (samt Perücke) als Debussys Pelléas.
Aber Deschamps ist weit mehr als ein Meister der Burleske. Seiner Intendanz ist ...
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Opernwelt August 2015
Rubrik: Panorama, Seite 45
von Christian Merlin
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