Mit aller Macht
Dass der geheimnisvolle Mönch des Beginns am Ende die Königin von Spanien mit einem Baseballschläger zerschmettert, ist neu – das muss man Jens-Daniel Herzog lassen. Von Macht will der Regisseur laut Ankündigung erzählen am Staatstheater Nürnberg, was fraglos sinnvoll ist bei Giuseppe Verdis «Don Carlos» (gespielt wird die letzte Bearbeitung der fünfaktigen französischen Fassung aus dem Jahr 1884).
Stattdessen erzählt Herzog allerdings nur von willkürlicher Gewalt, was weniger sinnvoll ist bei einem Stoff, der den Widerspruch zwischen Staatsräson und Humanität gerade in der Gestalt Philipps II. tragisch auszuloten sucht. Doch in Nürnberg ist der König von Spanien einfach ein Schwein, das seine Frau öffentlich entjungfert, die Tochter prügelt, aber trotzdem das Kotzen kriegt, wenn ihm Posa Bilder sterbender Menschen zeigt, und den Marquis deshalb am Ende eigenhändig ersticht.
Für noch gröbere Drecksarbeiten sind die Kirchenvertreter unter Leitung des Mönchs zuständig. Den flandrischen Gesandten schneiden sie, unter Beifall einer karnevalistisch gekleideten Menge, gleich die Kehle durch. Es soll sich wohl um Geheimagenten einer Diktatur handeln, was dem Zuschauer sich aber trotz ...
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Opernwelt November 2019
Rubrik: Panorama, Seite 53
von Michael Stallknecht
Draußen vor der Tür lockt die Freiheit, drinnen im Saal das pure Verlangen. Draußen blickt uns von zwei zehn Quadratmeter großen Bannern herab eine kühl-unantastbare Schönheit an und wirbt für das Eau de Parfum «Libre» eines renommierten Duftproduzenten, drinnen im Saal schaut uns eine alles andere als kühl-unantastbare Schönheit an und wirbt für das (fiktive) Eau...
Alte Liebe rostet nicht. Aber sie vergeht, irgendwann. Das muss auch Wotan, der Wanderer, erkennen, als er, nietzscheanisch beflügelt, Erda aufsucht, die verblühte Schönheit. Reglos, ermattet liegt sie auf jenem breiten Bett, das dereinst beider Leidenschaften diente. Aber auch der Gott ist müde geworden, nicht länger vermag er zu glauben, alle Lust wolle...
Frau Röschmann, kürzlich haben Sie als Alceste debütiert. Was muss man bei Gluck anders machen? Eine andere Stimmeinstellung finden?
Für Gluck vielleicht nicht, aber für das Französisch. Ich habe noch nicht so viel in dieser Sprache gesungen. Insofern dauerte es doch eine Zeit, bis ich das gelernt hatte. Parallel zur Alceste habe ich die «Tannhäuser»-Elisabeth...
