Meister der Mimikry
Um Faust zur Unterschrift unter den höllischen Pakt zu bewegen, eröffnet Méphistophélès seinem Opfer einen magischen Durchblick: Marguerite erscheint als Zauberbild. Hornrufe und Harfenarpeggi signalisieren ein Reich des Wunderbaren. Auf diese kurze Szene in Gounods «Faust» von 1859 antwortet Camille Saint-Saëns fünf Jahre später in seiner Opéra fantastique «Le Timbre d’argent» (Das Silberglöckchen) im Modus der Überbietung.
Wieder ertönen Hornrufe und ein gleißendes Holzbläser- und Streichergewebe, wenn unter der Anleitung des satanischen Spiridion ein Bild des Malers Conrad ins Leben tritt: Der gemalten Circé entspringt ihr Modell, die Tänzerin Fiammetta. Das Porträt weitet sich zum Landschaftsbild, und ein Nymphenchor beschwört den Zauber der Verlebendigung, der in den folgenden Akten immer neue teuflische Metamorphosen hervortreiben wird. Berlioz’ Sylphenszene an den Ufern der Elbe aus «La Damnation» stand Pate. Den Pakt ersetzt das Glöckchen, das unermesslichen Reichtum und Tod zugleich bedeutet und das Conrad in den sicheren Abgrund führen soll: Bei jedem mutwilligen Gebrauch regnet es Gold, und zugleich stirbt ein Mensch. Doch die Gounod-Referenzen reichen weiter: Seiner ...
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Opernwelt Dezember 2020
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 25
von Klaus Heinrich Kohrs
Eine «Lucia auf komisch» sei die Sache. Das Libretto «äußerst fragwürdig, an großer Pathetik krankend». So urteilte Brigitte Fassbaender in ihrer so eigenen, ironisch-unwirschen Art. Warum man dann «Dame Kobold» überhaupt riskiert? Es ist die Musik.
Doch zuvor musste Joachim Raffs Dreiakter, 1870 uraufgeführt in Weimar, in die Regensburger Theaterwerkstatt....
Da hat Peter Carp sicher recht. Dass Herbert Fritsch an seinem Haus inszeniert, sei auch «ein bisschen ein Nebeneffekt von Corona». Vermutlich wäre der Schauspieler, der als Theaterregisseur eine grandiose Spätkarriere hingelegt hat, in guten Zeiten an größeren Häusern beschäftigt. Andererseits ist sein Regiedebüt am Theater Freiburg überfällig; schließlich war...
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